Duisburg Psychokrimi vom Burgtheater

Duisburg · Das Theatertreffen der 38. Duisburger Akzente "Umbrüche" endete mit dem aufreibenden Stück "Diese Geschichte von Ihnen" ("This story of yours") von John Hopkins.

 Szene aus dem Stück "Diese Geschichte von Ihnen" mit Andrea Clausen und Nicholas Ofczarek.

Szene aus dem Stück "Diese Geschichte von Ihnen" mit Andrea Clausen und Nicholas Ofczarek.

Foto: bernd uhlig

Schlägereien und andere Gewaltausbrüche, Fäkalsprache, Alkoholismus, psychologischer Druck, nicht zuletzt ein grausamer Mord: "Diese Geschichte von Ihnen" ("This story of yours", 1968) von John Hopkins (1931-1998) in der Regie von Andrea Breth ist harter Tobak. Im zweimal fast ganz gefüllten Großen Saal im Theater war das am Wochenende der krönende Abschluss des Theatertreffens der 38. Duisburger Akzente "Umbrüche", als Gastspiel vom Wiener Akademietheater, der zweiten und kleineren (und - wie manche Menschen meinen - spannenderen) Spielstätte des Wiener Burgtheaters.

Der Drehbuchautor Hopkins (unter anderem verantwortlich für "James Bond 007 -Feuerball") hatte mit diesem Stück als Theaterautor debütiert, was man der klugen Dramaturgie und den gelungenen Dialogen anmerkt, und "Diese Geschichte von Ihnen" wurde wiederum 1974 von Sidney Lumet verfilmt, unter dem Titel "Sein Leben in meiner Gewalt", in der Hauptrolle: Sean Connery.

Es geht darum, dass der Polizist Johnson bei einem Verhör den Verdächtigen Baxter ermordet, weil er ihn für einen gesuchten Kinderschänder hält. Im ersten Akt kommt er spät nachts nach Hause und kann nicht einmal mit seiner Frau über das sprechen, was er getan hat. Die schrecklichen Dinge, die er im Dienst sehen muss, versteht niemand.

Im zweiten Akt wird Johnson am anderen Morgen von einem Vorgesetzten befragt, der herausfindet, dass kaum ausreichende Indizien vorlagen. Auch nach 20 Jahren im Dienst bleibt Johnson einfacher Sergeant, denn man kennt ihn schon als jemanden, der vorschnell und nach Vorurteilen handelt. Seine Verfehlungen werden aber vertuscht. Erst der dritte Akt zeigt als Rückblende das eigentliche Verhör, in dem der Polizist seinen ganzen, auch sexuellen Frust auf das wehrlose Opfer projiziert - ein Alptraum in einem abgeschlossenen Raum.

Als Baxter endlich tot ist - Johnson bricht ihm hinter einem umgefallenen Tisch mit seinen Stiefeln hörbar das Genick - sind wir als Zuschauer erleichtert und schockiert, obwohl wir den Ausgang ja schon kannten. Die drei Akte sind jeweils ähnlich strukturiert, in jedem eskaliert ein Zweikampf. Wir sehen durch diese Reihenfolge Johnson als gebrochenen Mann noch vor seinem großspurig begangenen Mord.

Das ist erstklassiges "Futter" für ebensolche Schauspieler, hier allen voran der frischgebackene Kammerschauspieler Nicholas Ofcarek als Johnson, der an dem unmenschlich verrückten Zerrspiegel zerbricht, den die Welt ihm vorhält. Er ist zugleich bullig und weinerlich, bieder und gefährlich. Der Höhepunkt ist der Showdown im dritten Akt mit August Diehl (der gerade im Kino als "Der junge Karl Marx" zu erleben ist), der irgendwie auch genießt, was er erleidet. Die beiden Darsteller sind auf Augenhöhe, das macht ihre Auseinandersetzung noch eindringlicher.

Das Duisburger Publikum lauschte gebannt, ließ sich von den unaufdringlich servierten psychologischen Feinheiten beeindrucken und war am Ende begeistert.

(RP)
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