Duisburg Qualifikation reicht nicht immer aus
Duisburg · Bei der Jobsuche hilft StartNRW in Duisburg Arbeitslosen mit einem besonderem Programm. Es beinhaltet unter anderem ein Sportangebot und Tipps vom Fachmann zum optimalen Outfit.
In dem Raum der DAA-Akademie an der Werthauser Straße in Hochfeld riecht es und sieht es aus wie in einem Friseursalon. Heute hat Britta Sechting den Weg dorthin gefunden und lehnt sich entspannt in einem der Kundensessel zurück. Sie lässt sich von Wendy Schäfer eine Gesichtsmaske auflegen. Wendy macht eine Umschulung zur Friseurin. Britta Sechting will sich von ihr verschönern lassen.
Nötig hätte das die 56-Jährige eigentlich nicht. Sie ist gelernte Bürokauffrau, hat vorher bereits zwei andere Ausbildungen absolviert, um beruflich weiter zu kommen. Sie ist fraglos qualifiziert. Doch nach mehreren Schlaganfällen gilt sie als schwerbehindert, auch wenn ihr die Folgen der Krankheit nicht anzusehen sind. Als die Abteilung des Diakonischen Werkes, in der sie 20 Jahre lang gearbeitet hatte, aufgelöst wurde, landete sie beim Jobcenter.
56 Jahre alt, behindert und ledig - für Arbeitgeber scheint sie nicht attraktiv zu sein. "Leider haben wir uns für einen anderen Bewerber entschieden" hat sie zumindest schon mehr als 300 Mal in den Antworten auf ihre Bewerbungen lesen müssen. "Bis zur Rente muss ich aber doch noch rund zehn Jahre arbeiten", sagt sie. Vom Jobcenter wurde sie an das private Unternehmen Start NRW weitergeleitet, weil es dort ein Angebot mit dem Titel "Fit For Job SB" gibt. SB- das steht für Schwerbehinderung und definiert, was alle Teilnehmer an diesem Programm eint.
Michaela Gerber und Sascha Herrmann, Mitarbeiter von START NRW, kümmern sich seit dem vergangenen Jahr um diese Klienten, und das offensichtlich mit Erfolg. 2016 war das Ziel, 15 Schwerbehinderte in Arbeit zu bringen, am Jahresende waren es 21. Und obwohl gerade mal die ersten vier Monate des Jahres vorbei sind, haben sie die Quote schon jetzt fast erfüllt.
Einfach ist ihre Arbeit nicht. Zu ihren Kunden gehörten schlecht ausgebildete Menschen, die zum Teil noch nie gearbeitet haben, ebenso aber auch Studienabbrecher, die nicht wissen, wie ihr weiterer beruflicher Weg aussehen könnte. Darunter sind auch Teilnehmer wie Britta Sechting, hoch-motiviert, aber durch ihre Krankheit und ihr Alter schwer zu vermitteln.
Die Meidericherin weiß genau, wie viel ein gepflegtes Äußeres im Büroalltag ausmacht. Andere wissen das nicht, glauben, sportlich zu wirken, wenn sie im Jogginganzug zum Vorstellungsgespräch gehen oder wissen nicht, dass ein kurzer Rock und ein bauchfreies T-Shirt schon ausreichend Grund sind, um nicht eingestellt zu werden. In freiwilligen Kursen können die Teil- nehmer an dem Programm richtiges Benehmen und Auftreten lernen, sich verschönern lassen oder Sportangebote nutzen - alles vor dem Hintergrund, die Vermittlungschancen zu verbessern. Wer Monate oder gar Jahre lang nur auf dem Sofa abhing, dem kann der Sport zum Beispiel helfen, wieder in Bewegung zu kommen. Wer lernt, sich vorteilhaft zu kleiden und zu schminken, der kann eher darauf hoffen, auf Bewerbungsfotos gut auszusehen.
Doch zurück zu Britta Sechting, die an diesem Tag als einzige der angemeldeten vier Kurssteilnehmerinnen gekommen ist (die anderen drei haben einfach kurzfristig abgesagt). In dem dreitägigen Seminar hat sie bereits erfahren, dass sie ein Wintertyp ist und welche Farben ihr besonders gut stehen. Sie hat mit Eva Schütza-Klein, Dozentin in der Friseurschule der DAA, über vorteilhafte Frisuren und ansprechendes Make Up gesprochen und Tipps für zu Hause bekommen. Sie ist hoch-motiviert und saugt alles dankbar auf, um ihr Ziel zu erreichen. Sie will endlich wieder einen festen Job haben.
