Duisburg Renan Demirkan erklärt Migration

Duisburg · Renan Demirkan wurde 1955 in der türkischen Hauptstadt Ankara geboren. Als siebenjähriges Kind zog sie mit ihrer Familie nach Hannover. Nach ihrem Abitur studierte sie Schauspiel. Bekannt wurde sie mit dem Tatort "Zahn um Zahn" (der übrigens am kommenden Samstag bei der Schimanski-Nacht im Filmforum zu sehen ist), kürzlich war sie auf dem Bildschirm als strenge Professorin Gül in der Vorabend-Serie "Dr. Klein" zu erleben.

Seit 1991 ist Renan Demirkan auch schriftstellerisch tätig, und jetzt gastierte sie als Akzente-Lesung im gut gefüllten Konferenz-Zentrum "Der Kleine Prinz". Hier las sie vor allem aus ihrem jüngsten Buch "Migration - Das unbekannte Leben", in dem sie Texte aus den letzten 33 Jahren versammelt. Als sie mit 25 Jahren auf die Bühne ging, habe sie sich erstmals als "Türkin" empfunden. Ihre 2005 verstorbene Mutter war Tochter eines Großbauern, wollte nie zur Miete wohnen und deshalb in ihrem türkischen Heimatdorf begraben werden ("in Deutschland sind selbst die Gräber nur gemietet"). Ihr Vater, der am Tag der Duisburger Lesung 92 Jahre alt wurde ("vielleicht auch schon 94"), ist Intellektueller und verehrt die deutsche Philosophie.

Die Islamfeinde von Pegida und AfD könne sie sogar besser verstehen als den rechtsextremen Terror früherer Jahrzehnte, erklärte Renan Demirkan, denn sie wurzelten in der zunehmend auseinander gehenden Schere zwischen Arm und Reich: "Rassistische Abgrenzungsphänomene explodieren dann am lautesten, wenn die gesellschaftliche Ungleichheit als existenzielle Bedrohung wahrgenommen wird." Die immer flexibleren Arbeitszeiten zerstören ihrer Meinung nach "die Textur des kulturellen Kitts wie Beziehungsfähigkeit und Beziehungsbereitschaft, wie Verantwortungsgefühl und Fürsorglichkeit, Solidarität und Loyalität." Die migrantischen Großfamilien lebten dagegen zukunftsorientiert und generationenübergreifend.

Als nächste Akzente-Lesung präsentiert Mirko Bonné am heutigen Freitag, 4. März, um 20 Uhr, in der Zentralbibliothek im Stadtfenster, Steinsche Gasse 26, seinen Erzählband "Feuerland". Der Eintritt kostet fünf Euro an der Abendkasse.

(RP)
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