Duisburg Schüler beschreiben Filme für Blinde

Duisburg · "Junge Filmbeschreiber" entwickeln eine Audiodeskription für den Film "Krokodile ohne Sattel".

 Dominik (v.l.), Lara, Oya, Lehrer Christian Kosfeld, Daniel und Oguzhan bearbeiten gemeinsam einen Film.

Dominik (v.l.), Lara, Oya, Lehrer Christian Kosfeld, Daniel und Oguzhan bearbeiten gemeinsam einen Film.

Foto: christoph reichwein

Die Film- und Kinokultur verändert sich dauernd. Was gestern noch zeitgemäß war, hinkt heute schon hinterher. "doxs!", die Jugend- und Kindersparte der Duisburger Filmwoche, entwickelt im Bereich Kinderdokumentarfilm und Filmvermittlung laufend Modellprojekte, die mit den Veränderungen Schritt halten. Die erfolgreiche Kooperation von doxs! mit Förderschulen im Stadtgebiet geht in diesem Jahr in die dritte Runde. "In unserem Workshop 'Junge Filmbeschreiber' entwickeln dieses Mal acht sehbeeinträchtigte Schüler eine Audiodeskription für den Film "Krokodile ohne Sattel", so Projektleiter Christian Kosfeld. Die Jugendlichen sind zwischen elf und 13 Jahre alt und erarbeiten den Text fast selbstständig. Demnächst werden auch die Schüler selbst als Sprecher der Tonaufnahmen fungieren.

Die Schüler der LVR-Johanniterschule schienen die Abwechslung im Schulalltag zu genießen und wirkten sehr konzentriert. "Wir haben es jetzt fast geschafft und haben schon unsere Textbücher fast fertig", sagte Philipp stolz. "Wir müssen ganz genau beobachten und beschreiben, was in dem Film passiert. Wir machen das für blinde Menschen, damit auch diese Menschen den Film verstehen können." Dokumentarfilme sind wertvolle Wegweiser durch die Medienwirklichkeit.

In dem Film "Krokodile ohne Sattel" stellt ein afrikanisches Mädchen alles infrage. Ihr Selbstbewusstsein bröckelt. Sie denkt über Weltuntergänge und ein Leben im Himmel mit Kinos und Shopping Malls nach. "Das Mädchen in dem Film beschreibt ihr Leben in Afrika und auch in Deutschland", berichtet Daniel, der als blinder Schüler auf Audiodeskriptionen angewiesen ist. "Sie redet von ihrer Vergangenheit, aber auch von ihrem Leben in Köln", so der 14-Jährige weiter. Solche Filmbeschreibungen finden als Mittel zur Inklusion Sehbehinderter immer weitere Verbreitung. Die acht Jugendlichen kannten das selbst noch nicht. Daher mussten sie sich intensiv mit der Frage beschäftigen: Wie und mit welchen sprachlichen Mitteln können und müssen Bilder beschrieben werden, damit auch Menschen mit Sehbehinderung sich ein "Bild" machen können?

Schnell war den Schülern klar: "Wir müssen nicht beschreiben, dass sich das Mädchen auf einer Straße befindet, das hört man doch", so die 13 Jahre alte Lara. Man wolle den blinden Zuschauer ja auch nicht "zuquatschen". Das in mühevoller Kleinarbeit erstellte Ergebnis wird als zusätzliche Tonspur auf der DVD erscheinen, die in Schulen und anderen Blindeneinrichtungen zum Einsatz kommen wird. "Die Arbeit mit den Schülern macht wirklich Spaß", sagt Jan Galkar, der als Praktikant von doxs Christian Kosfeld tatkräftig unterstützte. "Die Schüler erlernen einen neuen Umgang mit Film und müssen sich mit kritischen Themen auseinandersetzen, von denen sie sonst vielleicht noch lange nichts gehört hätten."

(RP)
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