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Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten Starke Frauen zu Mercators Zeiten

Duisburg · Von Mercators Ehefrau Barbara Schellekens wissen wir nur wenig. Grund genug, sich einmal exemplarisch die Lebensumwelt von Ehefrauen, Dichterinnen und Äbtissinnen im Raum Duisburg zur Zeit der Familie Mercator anzuschauen.

 Das Titelblatt des Gedichtbandes "Carminum diversorum libri duo": Darin würdigt Johanna Otho reformierte Persönlichkeiten, Humanisten, Juristen, Professoren und Dichter.

Das Titelblatt des Gedichtbandes "Carminum diversorum libri duo": Darin würdigt Johanna Otho reformierte Persönlichkeiten, Humanisten, Juristen, Professoren und Dichter.

Foto: Harald Küst

Das Duisburger Geschichtsbild im 16. Jahrhundert wird von Gelehrten dominiert, die zum Freundeskreis von Gerhard Mercator gehörten und in seinem Haus an der Oberstraße verkehrten. Doch von Mercators Ehefrau Barbara Schellekens wissen wir nur wenig. Grund genug, sich einmal exemplarisch die Lebensumwelt von Ehefrauen, Dichterinnen und Äbtissinnen im Raum Duisburg zur Zeit der Familie Mercator anzuschauen.

Ohne seine Ehefrau Barbara Schellekens hätte Mercator zum Beispiel sein offenes Haus an der Oberstraße nicht unterhalten können. Barbara hatte ihren Gerd in Löwen kennengelernt und war das perfekte Beispiel einer Frau, die "ihrem Mann den Rücken frei hält". Sie zog sechs Kinder auf, kümmerte sich um die Enkel, managte Garten, Tierhaltung, Haushalt und sicherte eine zusätzliche Einnahmequelle mit Untervermietungen an Studenten wie zum Beispiel Johannes Corputius, dem die Duisburger den Stadtplan aus dem Jahr 1566 zu verdanken haben. Zudem kümmerte sich Barbara Schellekens um ihre verwitwete Mutter. Hinter jedem berühmten Mann steht eine starke Frau?

Barbara Schellekens war wohl eher eine Frau, die ihr eigenes Leben hinten anstellte. Das Zitat "Meine Frau hält mir in familiären Dingen den Rücken frei" aus dem Mund "moderner" Männer deutet nicht gerade auf neue gelebte Rollenbilder hin.

 Im Innenhof des Dreigiebelhauses in der Duisburger Innenstadt findet sich auf der rechten Seite der Vorderfront eine Bauinschrift: "Jesus Maria sind meine Hoffnung - Margareta von Munch - Äbtissin des adeligen Klosters und Gotteshauses Duissern hat machen lassen mich im Jahr 1628".

Im Innenhof des Dreigiebelhauses in der Duisburger Innenstadt findet sich auf der rechten Seite der Vorderfront eine Bauinschrift: "Jesus Maria sind meine Hoffnung - Margareta von Munch - Äbtissin des adeligen Klosters und Gotteshauses Duissern hat machen lassen mich im Jahr 1628".

Foto: harald küst

Der adlige Äbtissin Margareta von Münch (1577 bis 1652)) wählte das klösterliche Leben, denn ein Kloster war ein Ort der weiblichen Gelehrsamkeit und bot Frauen eine gewisse Unabhängigkeit. Margareta von Münch galt als mutig, klug, durchsetzungsstark und verhandlungssicher. Sie trieb den Umbau des Klosters an der Niederstraße und den Grundstückserwerb rund um das Dreigiebelhaus voran und brachte es gegen alle Widerstände der Stadtoberen zum Abschluss. Zudem schuldete ihr die Männerriege im Magistrat Dankbarkeit. Während des Dreißigjährigen Krieges gelang es der Äbtissin, die Verhandlungen mit dem gefürchteten Kriegsherrn Graf von Pappenheim erfolgreich zu gestalten. Duisburg blieb von Kriegshandlungen verschont, und die Tributzahlungen wurden reduziert. Respekt.

Johanna Otho (um 1549 bis 1621) hatte nicht nur Umgang mit den Humanisten ihrer Zeit , sondern war selber als Dichterin äußerst produktiv. 1557 musste Johanna als verfolgte Protestantin aus Flandern fliehen und lebte mit ihrem Vater im Duisburger Exil, der mit Gerhard Mercator befreundet war.

Vater Otho besaß die beiden Eckhäuser an der "Gasse nach der Roßmühle" (heute "Kasinostraße") zur Beekstraße. In einer Immobilie befand sich eine Privatschule mit Pensionat, die auch von Gerhard Mercators Kindern besucht wurde. Soweit das Duisburger Umfeld. Johannas humanistischer Lehrer Karl Utenhove erkannte frühzeitig die Sprachbegabung und förderte sie nach Kräften.

Die seit 1577 verwitwete Johanna, Mutter eines Sohnes, galt als umfassend gebildet, schrieb neulateinische Gedichte und beherrschte Griechisch und Hebräisch: "Also wird es mir nichts schaden, dass ich Latein verstehe oder fachkundig griechische Bücher aufschlagen kann", lautete ihr selbstbewusstes Statement.

Johanna Otho pflegte die Korrespondenz mit humanistisch gebildeten Frauen unter anderem mit der Salondame und Dichterin Camille Morel in Paris - ebenfalls eine Schülerin des flämischer Gelehrten Karl von Karl Utenhove. Johanna reflektierte ihre Frauenrolle und schrieb an Camille: "Wenn ich nur häusliche Pflichten ablehnen könnte, würde ich es leicht ertragen, mich ganz den Musen allein zu widmen."

Sie begegnete führenden männlichen Poeten ihrer Zeit auf Augenhöhe, und gerade in ihrer Dichtkunst fand dies einen einzigartigen Ausdruck. In einem Vorwort zu dem Gedichtband Poematia schreibt sie: "Ihr solltet euch nicht wundern, dass eine Frau - die nach Meinung des Philosophen viel unvollkommener als ein Mann ist - diese kleinen Blumen im Garten der Aoniden (Beiname der Musen) gesammelt hat: Wo doch feststeht, dass die Musen, Nymphen selbst unseres Geschlechtes waren."

Johannas Wirkungskreis umfasste Duisburg, London, Straßburg und Antwerpen. Eine ungewöhnliche Frau.

Wer das Leben der drei Frauen an sich vorüberziehen lässt, entdeckt in den unterschiedlichen Lebensformen viele moderne Bezüge. Duisburg brachte bereits zu Mercators Zeiten "starke Frauen" hervor. Sie müssen vor dem Vergessen bewahrt werden - eine stärkere Würdigung ihrer Leistungen im Stadtbild würde dem Ansehen unserer Stadt guttun.

(RP)
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