Duisburg Wie aus dem "Delta" das "Tentorium" wird

Duisburg · Eine Schlange gibt es heute nicht vor der Diskothek "Tentorium" in Duisburg. Es ist gar nicht so lange her, da hieß die Zeltstadt im Stadtteil Meiderich noch "Delta Musikpark". Gespannt haben mindestens zwei Generationen von Duisburgern hier unweit des Landschaftsparks Nord auf Einlass gewartet.

Delta Musik Park in Duisburg wird Tentorium - die Bilder
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Umbau: Aus "Delta" wird "Tentorium"

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Foto: Aaron Clamann

Trotz der Vorfreude auf einen Partyabend schwang dabei auch immer dieses mulmige Gefühl mit, das erst nach einem wohlwollenden Nicken der Türsteher verschwand. Türsteher findet man am Eingang des Tentoriums Mitte Juli 2015 nicht. Stattdessen begrüßen zwei junge Damen mit Farbpinseln Besucher, die hier bei einem Spaziergang vorbeikommen. Ein mulmiges Gefühl könnten die Besucher trotzdem bekommen. Durch die Fenster am Eingang sieht man, dass der Kassenbereich in Schutt und Asche liegt.

Seit März haben Robin Bouwer, Michael Viebahn und ihr Team im wahrsten Sinne des Wortes Mauern eingerissen, um einen Neuanfang zu wagen. Clubmanager Viebahn ist 35 Jahre alt und in leitender Position in mehreren Diskotheken tätig gewesen — unter anderem im "Go Parc" in Herford und in der "Fun Factory" in Wildeshausen, die ebendso wie das "Tentorium" dem Inhaber Rejhan Muric gehört. Und auch Eventmanager Bouwer hat mit seinen 23 Jahren schon viel Erfahrungen im Veranstaltungsmanagement gesammelt. "In Nord- und Westdeutschland kenne ich mittlerweile so gut wie jede größere Diskothek", sagt er. "Clubs im Ruhrgebiet erkenne ich auch mit verbundenen Augen", ergänzt er. Die Fehler, die andere gemacht haben, wollen sie nicht wiederholen.

Die Fehlerbehebung im "Tentorium" wirkt im Inneren der Zelte brachial. Der Vorschlaghammer schlägt hier im Takt der Musik aus einem Ghettoblaster. Für die Lichteffekte sorgen keine Scheinwerfer, sondern eine Flex. Funken schießen durch die Gegend, als einer der Arbeiter Teile der ehemaligen Garderobe zerlegt. Und obwohl schon im Eingangsberich nicht mehr viel an das alte "Delta" erinnert, wirkt auch vieles vertraut. Wer einmal im Dämmerlicht die große Bar im Zelt hinter dem Eingang gefunden hat, entdeckt sie auch heute noch auf Anhieb. Doch statt bunten Farben und Designelementen lassen die Betreiber die Wände nun in Pastelltönen streichen.

Teile der alten Dekoration haben sie von Stammgästen zerlegen lassen. Zum Ende des "Delta" gab es eine Abrissparty. Für einige der damaligen Gäste geht die Abrissparty noch weiter, wie Robin Bouwer erzählt. "Wir arbeiten bei der Renovierung komplett ohne Fremdfirmen. Die Arbeiten erledigen unsere Festangestellten, die Aushilfen im Service und auch einige Stammgäste, die wir selbstverständlich bezahlen", sagt er. In einem Video auf der Facebook-Seite des "Tentoriums" legt der Eventmanager auch selbst Hand an den Vorschlaghammer.

ERWARTET ETWAS GROSSES! Wir können es auch kaum erwarten Euch hier Begrüßen zu dürfen!Hier ein paar Einblicke, wie der tägliche Wahnsinn im und ums Tentorium abläuft :)

Beim Personal hat Viebahn als Clubmanager den wohl härtesten Schnitt zum vorigen Betreiber gemacht. Gleich bei der Übernahme im März hat er 120 Mitarbeiter entlassen. "Das war natürlich nicht einfach, aber ich habe ganz deutlich gesagt, dass ich nicht mit denjenigen Personen zusammenarbeiten möchte, die einen Laden, der einen guten Ruf hatte, so heruntergewirtschaftet haben", sagt er. In einem Casting habe er dann neue Mitarbeiter gesucht. Zwei besonders engagierte Mitarbeiter des "Delta" habe er dann aber doch übernommen. "Das waren zwei Servicekräfte, die zuletzt ihre eigenen Lappen, ihre eigenen Putzmittel mitgebracht haben, erinnert er sich. Was der Clubmanager über den Neustart sagt, klingt nüchtern, fast hart. Das weiß er auch: "Wir spielen hier ein bisschen das Spiel böser Cop, guter Cop." Dafür, dass er der böse Cop ist, hat der 35-Jährige gute Gründe. An seinem ersten Tag als Clubmanager — damals noch im "Delta Musikpark" — hat es an einem Abend 17 Schlägereien gegeben. Andere Clubs und Diskotheken erreichen diese Marke nicht mal in einem ganzen Jahr.

Solche Abende haben den Ruf der Diskothek zerstört, in der zu Glanzzeiten vor zehn Jahren rund 5000 Menschen feierten. Zum Teil feierten sie auch die Lokalprominenz. Besucher von damals erinnern sich, wie sich vermeintlich wichtige Gäste aufspielten, um sich Champagner in einem Separee servieren zu lassen. Wie Zirkusdompteure ließen sie die Menge in der Manege vor sich tanzen.

Wo einst dieses Separee war, wird zehn Jahre später der Schutt zusammengefegt. An den Zirkus von damals erinnert nur noch die einzigartige Zeltkonstruktion, die nun in rot und schwarz erscheint. Die Schilder sind abgehängt, teils schon verkauft und verschenkt.

Der Name für die neuen Schilder wird "Tentorium" (dt. Zelt) sein. Mit dem alten Namen wird damit abgeschlossen. "Wir wollen uns nicht als die großen Diskokönige aufspielen und uns mit den Vorgängern messen", sagt Viebahn. "Wir wollen eine familiäre Atmosphäre und vielleicht auch mal mit den Gästen anstoßen, wenn alles gut läuft", ergänzt Bouwer.

(ac)
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