Duisburg Theatertreffen 2015 hat Thema "Heimat"

Duisburg · Was bedeutet "zu Hause sein" in einer Welt, geprägt von Globalisierung und Migrationsbewegung, neuen Technologien und sich auflösenden Traditionen? Dieser Fragestellung spürt das Theatertreffen im kommenden März nach.

Mit dem Thema "Heimat" stellt das Theatertreffen 2015 im Rahmen der 36. Duisburger Akzente vom 7. bis 22. März einen Begriff ins Zentrum, der im Laufe der Geschichte seine Bedeutung immer wieder verändert hat und in zahlreichen Facetten erscheint. Das Kulturfestival stellt die Frage nach dem "zu Hause sein" in einer sich stetig wandelnden Welt, geprägt von Globalisierung und Migrationsbewegung, neuen Technologien und sich auflösenden Traditionen.

Den Auftakt des Theatertreffens macht das Schauspiel Stuttgart mit dem Stück "Das kalte Herz" nach der Erzählung von Wilhelm Hauff, in der der unzufriedene, schlecht bezahlte Köhler Peter Munk sein Herz gegen einen kalten Stein eintauscht, um zu Geld zu kommen. Mit dem Stück schließt das Thema "Heimat" unter ökonomischen Gesichtspunkten den Kreis zum Thema "Geld oder Leben" des Theatertreffens 2014. Neben einer spannenden Geschichte dürfen die Besucher sich auf eine schwäbische Volkstanzgruppe mit historischen Instrumenten und in Originaltracht freuen.

Mit dem Stück "Richtfest" von Lutz Hübner - dem wohl meistgespielten deutsche Gegenwartsautor - zeichnet das Schauspielhaus Bochum auf eine sehr unterhaltsame Weise und mit Scharfblick ein Bild unserer Gesellschaft: Sechs Parteien unterschiedlichster Herkunft übernehmen gemeinsam die Bauherrschaft für ein Haus und lernen sich dabei kennen - und wie!

Das Theater Duisburg inszeniert für das Theatertreffen Harold Pinters modernen Klassiker "Der Hausmeister", bei dem es um einen Obdachlosen geht, der sich bei zwei Brüdern einnistet, bis geradezu ein Kampf darum beginnt, wer wen als erstes rausekelt. Eine lesbische Liebesgeschichte verknüpft mit Migration bringt das Maxim Gorki Theater Berlin (von 44 Fachkritikern zum "Theater des Jahres 2014" gewählt) mit "Schwimmen lernen" auf die Bühne.

Die drei Schauspieler surfen dabei zwischen dem gesprochenen und gesungenen Wort, mal auf Deutsch, mal auf Russisch, genau so wie zwischen großen und kleine Gefühlen mühelos umher.

Theatralisch spannend umgesetzt hat Christopher Rüping, einer der aufstrebendsten Jungregisseure, den "Hiob" nach dem großen Roman von Joseph Roth. In einer Videoprojektion und hinter einer aufbrechenden Wand lässt er das Publikum mit einem Minimalensemble die Geschichte des orthodoxen Dorfschullehrers Mendel Singer in einer frischen Interpretation erleben.

Um "Schmerzliche Heimat" geht es in dem gleichnamigen Stück (Westfälisches Landestheater Castrop-Rauxel) von Semiya Simsek, die darin zusammen mit dem Journalisten Peter Schwarz ihre Erinnerungen an das Leben ihres Vaters und nach seinem Tod festgehallten hat. Enver Simsek war das erste Opfer der Nazizelle NSU - seine Familie wurde ebenso Opfer deutscher Behörden, die ihn von der Opfer- in die Täterrolle gedrängt haben, weil sie sich lange nicht damit auseinandersetzen wollten, dass es in Deutschland rechtsradikale Terrorzellen gibt.

In Koproduktion mit den Ruhrfestspielen sind die Duisburger Philharmoniker mit dem Musikdrama "Iokaste" zu erleben, und der Jugendclub "Spieltrieb" ist mit "Iphigenie auf Tauris" auch wieder dabei.

Den besondern Schlusspunkt des Theatertreffens 2015 setzt das Deutsche Theater Berlin mit Horváths bitterbösem Volksstück "Geschichten aus dem Wienerwald", das vor einem schwarzen leeren Bühnenbild lustvoll erzählt wird.

(RP)
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