Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten Vom Studenten zum Edelmann

Duisburg · Die Karriere des Freiherrn von Bylandt zu Rheydt (1680 bis 1730) zeigt beispielhaft, wie der Adel seine Privilegien ziemlich lebensfroh nutzte. Herkunft und großspuriges Auftreten waren da wichtiger als gute Universitätsabschlüsse.

 Arnold Christoph von Bylandt.

Arnold Christoph von Bylandt.

Foto: achim Kukulies (museum schloss rheydt)

"Adel" - das klingt für manchen noch heute nach Abschottung und Privilegien. Die Geschichte eines adligen Studenten an der Alten Universität Duisburg zeigt, dass es nicht immer auf den Studienerfolg und die Leistungsfähigkeit alleine ankommt. Entscheidender war neben der Herkunft, ein souveränes Auftreten und ein exklusives Netzwerk. Dies galt es durch Studium und Reisen aufzubauen. Vergnügungen und Genuss sollten dabei nicht zu kurz kommen.

Schon die Herkunft des jungen Adligen war bemerkenswert: Arnold Christoph Bylandt (1680 bis 1730) entstammte einem alten, einflussreichen Niederrheinischen Adelsgeschlecht. Nach dem Tod seines Vaters stand der junge Arnold Christoph Bylandt unter der Vormundschaft seines Onkels, Amold Rutger von Landsberg, und des Notars Peter Bernhard Ruebens. Mit 17 Jahren ritt Arnold Christoph Bylandt, begleitet von seinem Onkel und einem Diener nach Duisburg und schrieb sich in die juristische Fakultät ein. In Duisburg ließ es sich Arnold Christoph gut gehen. Ihm stand aufgrund seines Standes auch ein Diener zur Verfügung, der dem adligen Studenten die niederen Arbeiten abnahm.

Der Kontrolle seines Onkels entronnen, genoss Arnold Christoph in vollen Zügen das Studentenleben. Trotz üppigem Budget kam er nie mit dem Geld aus. Für Weinkonsum und Gelage stand er nach zwei Monaten mit 18 Reichstalern in der Kreide. Hochgerechnet entsprach dies dem Jahresverdienst eines Handwerksmeisters in Höhe von 120 Reichstalern. Kein Wunder, dass der adlige Student unter chronischem Geldmangel litt und sich zum Leidwesen seiner Vormünder gezwungen sah, Kredite für Tabak- und Alkoholkonsum aufzunehmen.

Seine Ausgaben stiegen und stiegen. Standesgemäß war es, am Universitätsort Fechtunterricht zu nehmen. Gegen ein Honorar von zwei Reichstalern pro Monat stand Bylandt ein Fechtmeister zur Verfügung. Bylandt besaß verschiedene Degen, trug eine teure Perücke und benutzte seidene Schnupftücher. Edles Schuhwerk, Handschuhe, Strümpfe und ein roter Rock komplettierten das Outfit des jungen Adligen.

Natürlich ging es dabei nicht nur um Mode, sondern um die alles entscheidenden Unterscheidungsmerkmale einer jeden Elite: Wer gehört dazu, wer nicht? Wer hat sein Vermögen geerbt, wer hat es nur "gemacht"? Student zu sein, das bedeutete in erster Linie privilegiert zu sein.

Der adlige Bylandt gehörte mit der Immatrikulation zu den akademischen Bürgern, das heißt, Studierende unterstanden nicht der städtischen, sondern der akademischen Gerichtsbarkeit. Die galt als nicht gerade besonders streng und schützte die Privilegierten. Zum Verdruss der bürgerlichen Duisburger. Der junge Adlige nutzte seine Sonderstellung für ausgelassene Trinkgelage; dabei kam es vermutlich immer wieder zu Schlägereien und Duellen. Mit seinem aufbrausenden Temperament ging der junge Adlige jedenfalls keinem Konflikt aus dem Weg. Begriffe wie Ehre, Mut und Männlichkeit konnten schnell zu einem Schlagabtausch führen. Seine Duisburger Zeit endete jedenfalls mit einem Arrest, aus dem ihn sein Vormund auslösen musste. Der genaue Tatbestand blieb im Dunkeln. Wie auch der Studienerfolg des jungen Adeligen. Aber der Studienabschluss war ja eher für bürgerliche Studenten wichtig, die ein Amt als Pfarrer, Jurist oder Verwaltungsbeamter anstrebten.

Als Bylandt nach neun Monaten Studium von seinem entnervten Vormund abgeholt wurde, mussten zudem die aufgelaufenen Forderungen beglichen werden. Die Bilanz nach einem knappen Jahr Studium war außergewöhnlich: Die Studienkosten lagen bei 360 Talern - weit mehr als das Jahresgehalt eines Professors. Jetzt sollte die Persönlichkeitsentwicklung des jungen Adeligen durch eine "Kavalierstour" in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Die war damals in adeligen Kreisen üblich - auch Auslandsaufenthalte gehörten dazu. Sie diente der Erweiterung des Horizontes, dem Erwerb diplomatischer Umgangsformen und der Netzwerkbildung für zukünftige Aufgaben. Die "Kavalierstour" dauerte zwei Jahre. Der gerade volljährig gewordene Mann war jetzt bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Im Jahr 1701 erhielt Arnold Christoph von Bylandt Rheydt als Lehen und bald darauf den Titel Freiherr von Bylandt zu Rheydt. Seine drei Söhne wurden nacheinander mit dem Anwesen belehnt. Der Jüngste, Karl Kaspar, erhielt Rheydt 1761 und behielt es, bis die französischen Besatzer unter Napoleon 1794 die Lehnsabhängigkeit aufhoben. Das Rheydter Schloss - nur 50 Kilometer von Duisburg entfernt - wird heute als Museum genutzt. Ein lohnendes Ausflugsziel.

Quelle: Duisburger Forschungen, Band 51, Wolfgang Löhr.

(RP)
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