Duisburger Geschichte und Geschichten Von antiken Weihopfern bis Hoppeditz

Duisburg · Das karnevalistische Treiben hatte in der griechisch-römischen Antike Vorläufer. Rausch und Orgien gab es bereits vor mehr als 2000 Jahren. Die "Saturnalien" waren ekstatische Feiern zu Ehren des Erntegottes Saturnus.

 Zu ausgelassenen Feiern gehörten auch wilde Trinkgelage.

Zu ausgelassenen Feiern gehörten auch wilde Trinkgelage.

Foto: www.biller-antik.de

Die Verehrung der griechisch-römischen Gottheiten war traditionell mit großen Feierlichkeiten verbunden. Die Götter sollten mit einem Festgelage versöhnt werden. Zum Verständnis muss man kurz in die griechisch-römische Götterwelt einsteigen. Bedeutsam war der Weinhalbgott Dionysos - oder Bacchus, wie ihn die Römer nannten, ein Sohn des ewig untreuen Zeus, der ihn mit Semele, einer Sterblichen, gezeugt hatte - nicht unbedingt standesgemäß aus Sicht der anderen Götter. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten stand allerdings Saturnus , ein hoch angesehener Erntegott. Ihm wurde gar ein eigener Tempel in Rom geweiht.

Der Jahrestag der Tempelweihe - einer der höchsten römischen Feiertage - wurde mit den "Saturnalien" begangen. Dieses mehrtägige Fest des altrömischen Erntegottes Saturnus deuten viele Historiker als Vorläufer des Karnevals. Gründe für eine große Feier gab es immer, es galt den Zusammenhalt nach innen zu fördern. Zu diesem Anlass wurden in Rom einen Tag und eine Nacht lang die Saturnalien ausgerufen, die der Senat zu offiziellen Feiertagen erhob. Neben Saturnus wurde - das bot sich an - Bacchus mit vielen "Weinopfern" geehrt. Bei den Trinkgelagen ging es ziemlich freizügig zu. Selbst gebildete Hetären (,Gefährtin') hatten im Fest ihren bestimmten Platz. Die Hetären waren im Gegensatz zur rechtlosen Straßendirne hoch angesehen. Sie boten neben Liebesdiensten auch Tanz, Musik und anspruchsvolle Unterhaltung an. Da floss der Wein in Strömen und die zeremonielle Verehrung des Gottes hatte stark orgiastischen Charakter.

Ein Mann aus dem Volk wurde zum König der Saturnalien, zum "Spott-König" gewählt. Mit Musik und Tanz zogen er und sein Gefolge durch die Straßen Roms. In diesen Umzügen wurde auch mit Blumen und Girlanden geschmückte Schiffswagen mitgeführt. Als eine "verkehrte Welt" beschrieb der Philosoph Seneca das tage- und nächtelange Treiben auf den Straßen, das selbst vor den Villen nicht Halt machte. Die Sklaven ließen sich vom Hausherren bedienen. Dr. Andrea Gropp, stellvertretende. Leiterin des Kultur-und Stadthistorischen Museums erklärt: "Ich denke schon, dass die Saturnalien Deutungen zum Thema Karneval zulassen, da hier ja auch die Statusunterschiede aufgehoben oder umgekehrt wurden. Was mir bei unserem rheinischen Karneval immer auffällt, ist die Ähnlichkeit mit den antiken im Jahresverlauf sterbenden und wiederauferstehenden Göttern, die auch in unserer aktuellen Ausstellung präsentiert werden. Der Hoppeditz stirbt ja auch an Aschermittwoch unter großem Wehgeschrei und wenn er wiederaufersteht, freuen sich alle und feiern wilde Orgien...".

 Es wurde nicht nur viel getrunken, sondern auch getanzt.

Es wurde nicht nur viel getrunken, sondern auch getanzt.

Foto: www.biller-antik.de

Das Christentum machte dem Saturalien-Fest ein vorläufiges Ende. Den Hang, sich zu verkleiden und zu feiern, konnte aber auch die Kirche ihren Anhängern nicht austreiben. Die Menschen verschoben ihr Treiben um einige Wochen bis vor die Fastenzeit und nannten es Karneval. Viele Elemente der Saturnalien leben im heutigen Karneval fort. Aber es kam auch zu einer Vielfalt an Übernahmen und Veränderungen aus dem germanisch-keltischen Kulturraum. In Ritualen wie etwa im Konfettiregen stecken Reste antiker Fruchtbarkeitsvorstellungen. Auch in der Nubbelverbrennung zum Karnevalsende spiegelt sich das antike Erbe wider. Verbrennung als Voraussetzung für eine Auferstehung in einer besseren Gestalt. Zum Ende der Session wird eine Strohpuppe ( Kölsch: Nubbel) für alle Sünden - etwa zügellosen Alkoholkonsum oder Fremdgehen - verantwortlich gemacht: "Dat wor der Nubbel! - "Der Nubbel hat Schuld!" , ruft die Menge. Die Duisburger pflegen alte Traditionen mit der Hoppediz-Beerdigung.

(RP)
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