Thema RP-Opernscouts Von der Gesellschaft erstickt

Duisburg · Die Deutsche Oper am Rhein übernahm ihre Produktion von Giuseppe Verdis sehr europäischer Ägyptenoper "Aida" erfolgreich in ihr Duisburger Haus. Morenike Fadayomi verkörpert in der Titelpartie die Rolle ihres Lebens.

 Zwischen Liebe und Vaterlandsliebe: Morenike Fadayomi als Aida und Sergej Khomov als Radamès.

Zwischen Liebe und Vaterlandsliebe: Morenike Fadayomi als Aida und Sergej Khomov als Radamès.

Foto: matthias jung

Für das langjährige Ensemblemitglied Oleg Bryjak und die anderen 149 Opfer des Flugzeugabsturzes in Südfrankreich (die RP berichtete) gab es vor der jüngsten Übernahmepremiere der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg im gut gefüllten Duisburger Theater eine Schweigeminute. Auf dem Programm stand Giuseppe Verdis sehr europäische Ägyptenoper "Aida", in der es ja weniger um das Land am Nil geht, sondern vielmehr um den Gegensatz zwischen Pflicht und Neigung, zwischen kriegerischer Macht und alles überwindender Liebe.

Noch einmal kurz zur Handlung, wie sie an der Rheinoper gezeigt wird: Zwei Frauen lieben einen Mann - die einflussreiche Königstochter Amneris hat ihre stärkste Rivalin ausgerechnet in der eigenen Hausangestellten Aida, an die der gesellschaftliche Aufsteiger Radamès sein Herz verschenkt hat. Dieser Dreieckskonflikt hat auch eine politische Dimension, denn Amneris und Radamès gehören zu den Siegern, Aida gehört mit ihrem Volk zu den Besiegten. Den Helden, den sie liebt, muss sie gleichzeitig hassen. Aus diesem Zwiespalt befreit sie nur der Tod.

Philipp Himmelmann inszenierte hier kein Fest unter Pyramiden, sondern versetzte das Stück in seine Entstehungszeit um 1870, machte daraus eine bittere Lektion über gesellschaftliche Machtgefüge, für die nur Siege zählen und das Leben des einzelnen wertlos ist. Diese Regie gelingt deshalb, weil sie in ihrer anschaulichen Personenführung eigentlich fast konventionell ist, es gibt in den Blicken und Gesten zwischen den Figuren viel zu entdecken. Die opulente Ausstattung von Johannes Leiacker (Bühne) und Gesine Völlm (Kostüme) trägt viel dazu bei. Die Bühne füllt sich allmählich mit Särgen, Trauernden und Gefangenen. Erfreulich auch, wie individuell der Chor behandelt ist. Besonders bildhaft und bühnentechnisch genial gelöst wirkt im zweiten Teil nach der Pause das Nilufer (am Anfang) und die Gruft, die sich über den von der Gesellschaft zum Tod durch Ersticken Verurteilten senkt (am Ende). Morenike Fadayomi verkörpert in der von ihrer Gewissensnot gebeutelten Titelpartie die Rolle ihres Lebens, insbesondere in den berühmten Arien "Ritorna vincitor", "Numi, pietà" und "O patria mia". Gut auch Sergej Khomov als (ein hier ungewohnt alter) Radamès, der ungewollt zum Verräter wird, und Susan Maclean als Amneris, die nach Rache verlangt und daran zerbricht. Die Solisten-Qualität geht bis zu Eva Bodorová in der kleinsten Rolle der Gran Sacerdotessa (Hohepriesterin), hier eine tanzende Trauernde.

Der Chor und der Extrachor der Rheinoper, einstudiert von Gerhard Michalski, zeigt Kraft und Differenzierung. Rheinopern-GMD Axel Kober lässt auch die gut disponierten Duisburger Philharmoniker teils zart, teils dramatisch agieren. Der beliebte Triumphmarsch mit seinen "Kanonenschlägen" ist bei Kober klar als Kriegstreiber-Musik zu erkennen.

Die dreistündige Aufführung muss man also erlebt haben. Möglich ist das am Sonntag, 12. April, um 18.30 Uhr, sowie am 14. April, 9. und 22. Mai, jeweils um 19.30 Uhr. Karten unter Tel. 0203 283 62 100.

(hod)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort