Serie Mein Tierisches Revier Von wegen Affen-Liebe!

Duisburg · Alex Nolte ist Revierleiter und zuständig für das Affenhaus und die dazu gehörigen Außengelände. Er wollte schon immer mit Tieren arbeiten.

 Alex Nolte wusste schon als Kind, dass er beruflich etwas mit Tieren machen wollte. Rund 250 Tiere aus fast 70 Arten, darunter allein 17 Affenarten, leben in seinem Revier.

Alex Nolte wusste schon als Kind, dass er beruflich etwas mit Tieren machen wollte. Rund 250 Tiere aus fast 70 Arten, darunter allein 17 Affenarten, leben in seinem Revier.

Foto: Christoph Reichwein

Früher hieß das Gebäude auf der Ostseite des weitläufigen Zoo-Geländes "Äquatorium". In recht kleinen gefliesten Käfigen bestaunten die Besucher jene Lebewesen aus den Regionen am Äquator, die sie noch nie zu Gesicht bekommen hatten. 1962 wurde die Anlage eröffnet und war damals deutschlandweit eine echte Attraktion.

Andere Vorstellungen von der Haltung und Präsentation der Tiere machten vor dem Äquatorium keinen Halt, aus dem vor einigen Jahren das "Affenhaus" wurde. Mehrfach wurde in der Vergangenheit über einen Neubau nachgedacht, der aber an den finanziellen Möglichkeiten scheiterte. Für Alex Nolte ist das auch überflüssig. Er kann sich keinen schöneren Arbeitsplatz vorstellen und ist sicher, dass es auch den Bewohnern dort sehr gut geht. "Denn sie haben viel mehr Rückzugsmöglichkeiten als viele ihrer Artverwandten in modernen Gehegen" sagt er. Und dass am Kaiserberg Gitterstäbe statt Scheiben die Tiere von den Menschen trennen, "das ist ein großer Vorteil". Denn wenn Besucher vor die Fenster schlagen, "dann bedeutet das für die Tiere viel Stress." Außerdem nähmen die Affen ihre Umwelt nicht nur optisch wahr, sondern auch über den Geruchssinn.

Seit zehn Jahren arbeitet der 43-Jährige am Kaiserberg. Schon weit vor seiner Ausbildung zum Tierpfleger wusste er, wohin ihn sein beruflicher Weg führen soll. "Meine Mutter hat mit erzählt, dass ich schon als ganz kleiner Junge Zoos für meine Stoff- und Plastiktiere gebaut habe." Mit Leidenschaft und Durchhaltevermögen besorgte er sich eine der rar gesäten Ausbildungsplätze zum Tierpfleger und hat diese Entscheidung nie bereut. Dass die Affen allerdings in sein privates Zuhause einziehen, davon hält er wenig. Am besten sei es immer, wenn sich die Tiermütter selbst um ihren Nachwuchs kümmerten. Und das gelinge vor allem dann, wenn sie sich in ihrer Zoo-Umgebung sicher und wohl fühlten.

Rund 250 Tiere aus fast 70 Arten, darunter allein 17 Affenarten, aber auch Vögel, Faultiere und Schildkröten sowie kleine Flusspferde leben in seinem Revier. Zusammen mit drei Mitarbeitern sorgt Nolte dafür, dass es den Bewohnern an nichts fehlt. Sein Alltag beginnt in der Regel kurz vor acht Uhr und endet gegen 16 Uhr. In dieser Zeit müssen die Gehege gereinigt und die Bewohner mit Futter versorgt werden. Etwa die Hälfte der Arbeitszeit ist damit ausgefüllt. Die andere Hälfte ist dafür gedacht, die Tiere zu beobachten. Das ist ein wesentlicher Inhalt des Tierpflegerberufs und Voraussetzung, um zu erfahren, was im Revier "abgeht". Nur so lässt sich feststellen, wenn einem der Tiere gesundheitlich was fehlt oder wo sich vielleicht Nachwuchs oder auch Streit ankündigt. Die Zeit ist weiterhin dazu gedacht, mit Besuchern ins Gespräch zu kommen oder notfalls auch mal undisziplinierte Zweibeiner zurechtzuweisen.

Allein die Gorillas verspeisen täglich 100 bis 150 Kilo Gemüse und Salat bester Qualität. "Was wir nicht essen würden, bekommen auch unsere Tiere nicht", sagt Alex Nolte. Die Fütterungszeiten werden in der Regel so gelegt, dass die Besucher davon etwas mitbekommen. Denn weil es im Affenhaus so viele Rückzugsräume gibt, bekämen sie ansonsten das eine oder andere Exemplar nicht zu Gesicht.

Wenn möglich verbinden die Tierpfleger das Füttern damit, die Tiere zu beschäftigen. Bananen in der Futterschale sind bequemer zu erreichen, aber in Boxen versteckt, kann der Affe zeigen, dass er nicht nur hungrig ist, sondern auch, dass er mit viel Geschicklichkeit und Intelligenz an die Leckereien herankommt. Die Tiere sind an feste Fütterungszeiten gewöhnt. Selbst die Nachtaktiven wie die Faultiere sind dann für die Besucher in Aktion zu erleben. Auch wenn die Pfleger bemüht sind, ihre Schützlinge nicht zu vermenschlichen, so ganz klappt das nicht in jedem Fall. Als sich jüngst bei den Gorillas Nachwuchs einstellte und Revierchef Mapema meinte, das Kleine an sich reißen zu müssen, sah das zeitweise ziemlich brutal aus. Da hatten er und seine Kollegen tagelang Mitleid mit dem Baby und überlegten immer wieder, ob sie eingreifen müssen. "Aber ihm ist nichts passiert. Und Mapema akzeptiert den Nachwuchs in seinem Revier nun ohne Probleme."

Den mächtigen Gorillas nähern sich die Pfleger in der Regel nur auf Armweite und durch die Gitter geschützt. "Würden wir in die Käfige gehen, wäre die Gefahr groß, dass die Tiere mit uns genau so umgehen, wie der Silberrücken mit seinem Nachwuchs", sagt Nolte.

"Man darf nie vergessen, dass die Affen über unglaublich Kräfte verfügen. Sie haben zwar nicht vor, uns zu töten. Aber das könnte beim 'Beschnuppern' durchaus passieren." Alex Nolte ist es daher sehr wichtig, dass alle seine Kollegen sich - so wie er sich selbst - stets an alle Vorsichtsmaßnahmen halten. "Viele Abläufe passieren automatisch. Da ist es um so wichtiger, sich immer wieder zu überzeugen, dass man eine Türe auch wirklich abgeschlossen oder einen Riegel tatsächlich vorgeschoben hat."

Darf man denn als Tierpfleger einen Liebling unter den vielen Schützlingen haben? "Naja, von Liebling kann man vielleicht nicht sprechen. Aber es gibt Tiere, zu denen die Beziehung vielleicht etwas enger ist als zu anderen", sagt Nolte. Gorilla-Dame Annette beispielsweise hatte zu Nolte ein solch großes Vertrauen, dass sie ihm ihr Neugeborenes in die Arme legte. Rein fachlich betrachtet sind es aber die Bärenstummelaffen, denen sich der Revierleiter besonders verbunden fühlt. Seit 1969 sind die Langschwänze, die ihren Namen von dem verstümmelten Daumen an ihrer Hand haben, im Zoo zu sehen. Seit bald 25 Jahren ist der Duisburger Zoo Zuchtbuchführer bei dieser vom Aussterben stark bedrohten Art, die in West-Afrika zuhause ist. "Die Bärenstummelaffen sind sehr pflegeintensiv", sagt Nolte. Sie ernähren sich zum Beispiel vorwiegend von Laub. Das aber ist hier in bestimmten Monaten nicht zu kriegen. "Wir frieren daher größere Mengen, zum Beispiel das Laub von Weiden, ein und können es dann je nach Bedarf auftauen und zurechtschneiden." Stolz ist Alex Nolte ebenfalls auf die Roloway-Meerkatzen, die im vorigen Jahr an den Kaiserberg kamen und schon Nachwuchs haben. "Wir sind hier im Affenhaus auf einem extrem guten Weg", sagt Nolte mit Blick auf die seiner Meinung nach wichtigste Aufgabe, die ein Zoo heute hat, nämlich den, Arten zu erhalten - wohlwissend, dass eine spätere Auswilderung in den meisten Fällen nicht funktionieren kann. Denn um ein Zootier wieder in die Freiheit zu entlassen, benötigt es vor allem einen intakten Lebensraum. So lange aber die Menschen in den Herkunftsländern mit Gewalt in die Natur eingreifen oder auch vom Aussterben bedrohte Tiere auf ihrem Speisenplan haben, ist daran nicht zu denken.

(RP)
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