Duisburg Warnungen per Handy kamen zu spät

Duisburg · Der Zoll überprüfte Taxifahrer und deren Arbeitgeber, um unter anderem herauszufinden, wie es die Branche mit dem Thema Mindestlohn hält.

Duisburg: Warnungen per Handy kamen zu spät
Foto: Christoph Reichwein (2) / Archiv

Die Mitarbeiter der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" des Hauptzollamtes, zu deren Aufgaben auch die Überwachung des Mindestlohngesetzes gehört, kontrollierten jetzt die Arbeitsbedingungen der Fahrer der Duisburger Taxiunternehmen. Die an der generalstabsmäßig geplanten Aktion beteiligten 21 Zollbeamten, die dabei von sechs Kräften des Ordnungsamts unterstützt wurden, mussten ihren Weihnachtsmarktbummel an diesem Tag verschieben. Statt Glühwein und kleinen Leckereien stand ein arbeitsreicher Nachmittag und Abend auf dem Programm. Einsatzleiterin Anja Turloff-Galetzki erläuterte zuvor den am Einsatz Beteiligten noch einmal die Details und die Vorgehensweise, bevor sich die Prüfteams - zum Teil bewaffnet und mit schusssicheren Westen ausgestattet - auf den Weg zu ihren Einsatzorten machten.

Im ersten Prüfungsintervall am Nachmittag nahmen vier Teams Kurs auf die Taxistandorte am Duisburger Hauptbahnhof. Zeitgleich um 15.15 Uhr preschten die Dienstfahrzeuge an den Einsatzorten Haupt- und Ostausgang vor, platzierten sich blitzschnell so, dass kein Taxifahrer die Möglichkeit hatte, sich der Überprüfung zu entziehen, und begannen sofort mit der Arbeit. Exakt zur gleichen Zeit erschienen zwei weitere Prüfungsteams in den Zentralen der beteiligten Taxiunternehmen zur "Geschäftsunterlagen-Prüfung", auch um die Angaben der Fahrer mit den tatsächlichen Gegebenheiten anhand der dort zu führenden Buchungsunterlagen abgleichen zu können.

Duisburg: Warnungen per Handy kamen zu spät
Foto: Christoph Reichwein (crei)

Dass sich die "Blitzaktion" in Taxikreisen offensichtlich schnell herumgesprochen hatte, war an den plötzlich überall klingelnden Handys zu bemerken. Dank des zeitlich genau abgestimmten Einsatzes kam der "Taxi-Warnfunk" allerdings zu spät, da die Beamten schon längst ihre Arbeit aufgenommen hatten. Überprüft wurden die Fahrzeugpapiere, Führerschein, Personalausweis und Personenbeförderungsschein und sonstige Nachweise, die im Taxi-Gewerbe unbedingt vorzuweisen sind.

Zudem musste jeder kontrollierte Fahrer umfangreiche Fragen zu den Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten, Bezahlung) beantworten, die zwecks weiterer Prüfung direkt erfasst wurden.

Nach ihrem Stundenlohn befragt, bekamen die Beamten gleich lautend "8,50 Euro" zu hören. Zollpressesprecher Norbert Schiwon wunderte das nun gar nicht: "Was sollen die denn auch anderes sagen?" Viele der kontrollierten Fahrer bezogen nach eigenen Angaben staatliche Leistungen (Hartz IV); problematisch wird es, wenn der "Zuverdienst" dem Staat nicht gemeldet wurde. Aber auch den Taxi-Unternehmen drohen "Unannehmlichkeiten".

Und nicht nur, wenn festgestellt wird, dass die Fahrer unterhalb des Mindestlohns bezahlt werden, auch die Nichtanmeldung bei der Sozial- und Krankenversicherung zieht erhebliche Konsequenzen nach sich.

Ali Güner, dessen Ehefrau ein Taxiunternehmen mit vier Fahrzeugen in Duisburg betreibt, war auch unter den kontrollierten Fahrern und sprach Klartext: "Es ist sehr schwer, in dem Gewerbe den Mindestlohn zu zahlen. Die Fahrer haben während ihrer Schicht oftmals mehr als drei Stunden reine Wartezeit, das Geld kann so kaum erwirtschaftet werden." Die Möglichkeit, durch entsprechende Preiserhöhungen den gesetzlich geforderten Lohn zahlen zu können, hält er dabei für nicht praktikabel: "Das bezahlt der Kunde nicht."

Benjamin Stumpf war mit seiner Freundin gerade mit dem Zug aus Darmstadt gekommen und wollte mit dem Taxi weiter nach Mülheim. Nachdem er über den Zweck der Zoll-Aktion informiert war, zeigte er Verständnis für die Wartefrist am Taxi-Stand: "War mir gar nicht klar, dass in dem Gewerbe so schlecht gezahlt wird. Ist schon OK, da streng zu prüfen."

Nach Abschluss der ersten Überprüfung trafen sich die Teams zur ersten Auswertung und zur Lagebesprechung. Aber die eingekehrte Ruhe an Duisburgs Taxiständen sollte sich als trügerisch erweisen, abends ging's dann an anderen Einsatzorten im Stadtgebiet noch mal von vorne los.

Zoll-Pressesprecher Norbert Schiwon gab tagsdrauf erste Ergebnisse der Prüfung bekannt. In Duisburg wurden 106 Fahrer sowie die Geschäftsunterlagen von acht Taxi-Unternehmen geprüft. Hier und bei der zeitgleich in Emmerich durchgeführten Kontrolle gab es bei 25 Fahrern Ungereimtheiten, denen nun nachgegangen wird. Zu Verstößen gegen das Mindestlohngesetz kann sich der Zoll ebenfalls erst nach weiteren Prüfungen äußern.

(RP)
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