Rp-Serie Prominente Zu Besuch 89-jähriger Adenauer auf Wahlkampftour

Emmerich · Im August 1965 besuchte Altbundeskanzler Konrad Adenauer Emmerich, Rees und Isselburg. Wo er auch auftrat, überall empfingen in jubelnde Menschenmassen und lauschten seinen Reden.

 Ein weiteres Bild von der Rathaustreppe. Rechts neben Konrad Adenauer steht Emmerichs damaliger Bürgermeister Willi Pieper.

Ein weiteres Bild von der Rathaustreppe. Rechts neben Konrad Adenauer steht Emmerichs damaliger Bürgermeister Willi Pieper.

Foto: van Offern Markus

EMMERICH Konrad Adenauer war von 1949 bis 1963 der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und von 1951 bis 1955 gleichzeitig erster Außenminister. Er prägte eine ganze Ära der deutschen Geschichte. Dass er auch in Emmerich zu Besuch war, wissen nur die wenigsten. Adenauer kam am Donnerstag, 26. August 1965, im Rahmen einer Wahlkampfreise. Zuerst war der Altbundeskanzler, der bei seinem Besuch bereits 89 Jahre alt war, in Elten, wo ihm etwa 300 Leute zujubelten, und danach in Emmerich, wo über 3000 Bürger ihn auf dem Marktplatz erwarteten.

Im fähnchengeschmückten Rees hörten rund 2000 Menschen seiner Rede zu und in Isselburg, wo die Nachtschichtarbeiter von der Hüttenleitung sogar eine Stunde frei bekamen, waren es rund 1000 Zuhörer. Mit seinem Mercedes 600, dem sechs kleinere schwarze Karossen folgten, machte er sich auf die Rundreise. Der Tenor seiner Reden: "Die Lage war noch nie so ernst." Als bei seiner ersten Rede auf dem Marktplatz in Elten ein Mann durch Pfiffe störte, fertigte Adenauer diesen mit den Worten ab: "Junger Mann, machen Sie Ihre Flötenübungen für sich allein, aber nicht bei ernsten Gesprächen.

Ein Mädchen aus Emmerich übergibt Konrad Adenauer auf der Rathaustreppe Blumen. Dahinter ist der Platz voll mit Menschen.

Ein Mädchen aus Emmerich übergibt Konrad Adenauer auf der Rathaustreppe Blumen. Dahinter ist der Platz voll mit Menschen.

Foto: Markus van Offern

" Enttäuscht waren die Prominenten, verdiente CDU-Politiker, Geistliche, Behörden- und Firmenchefs, die aus Anlass des Besuches Adenauers zu einem Essen ins Kurhaus Hochelten eingeladen worden waren: Konrad Adenauer, der morgens bereits in Köln und Walsum gesprochen hatte, traf mit einer Dreiviertelstunde Verspätung ein, begrüßte nur wenige persönlich - unter anderem Eugen Reintjes und Prälat Janssen - ging dann grüßend durch die Reihen der rund 100 Gäste und verschwand dann in einem Zimmer im Obergeschoss, wo er wie üblich allein dasselbe Menü einnahm wie die anderen Gäste, abgeschirmt von zwei vor seiner Tür speisenden Wächtern.

Auf seinem Weg durch den Kreis Rees - insgesamt war er rund drei Stunden in der Region - standen fast überall winkende Kinder und Schaulustige, die gerne ein Autogramm von dem prominenten Politiker ergattern wollten. Eine Frau in Vrasselt schaffte es, die Kolonne anzuhalten, und bekam ihr Autogramm. Da tat der rote Pullover als Stoppsignal wohl seine Wirkung. Die Versammlungen auf den Marktplätzen der verschiedenen Städte liefen alle gleich ab: Die Feuerwehr und die eskortierende Polizei sorgten für die Absperrungen, eine Musikkapelle spielte flotte Märsche und zum Abschluss die Deutschland-Hymne.

In Elten begrüßte Alex Meier den prominenten Gast, in Emmerich Bürgermeister Willi Pieper, in Rees Bürgermeister Meisters und in Isselburg der CDU-Ortsparteivorsitzende Lensing. Willi Pieper schenkte Adenauer einen Wappenteller, zwei Schachteln Lohmann-Pralinen und ein Erinnerungsfoto, das 13 Jahre zuvor bei einer Durchfahrt Adenauers aufgenommen worden war. In seinen Reden sagte der Altbundeskanzler: "Rundum in der Welt herrscht sehr gefährliche Unruhe.

Es ist merkwürdig, dass es auf der Genfer Konferenz nicht um eine nukleare Abrüstung geht, sondern darum, dass die anderen Staaten keine Atomwaffen erhalten." Viele jubelten dem Politiker zu, der 1967 in Rhöndorf starb. In Emmerich wurde eine Straße nach ihm benannt.

(moha)
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