Rees Als die Reeser noch Schauspieler waren

Rees · Vortrag des Geschichtsvereins. Zwischen 1881 bis 1935 sowie von 1950 bis 1960 brachte die Laienspielschar der Reeser Kolpingfamilie mindestens 25 Theaterstücke auf die Bühnen der Rheinstadt. Das Ende kam auch durchs Fernsehen.

Rees: Als die Reeser noch Schauspieler waren
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Klaus Kuhlen vom Geschichtsverein Ressa entführte jetzt bei einem reich bebilderten Vortrag in die Jahre 1881 bis 1935 und 1950 bis 1960, in denen die Laienspielschar der Reeser Kolpingfamilie mindestens 25 Theaterstücke auf wechselnde Bühnen der Rheinstadt brachte. Circa 40 Zuhörer waren in das Kolpinghaus gekommen und staunten, als Kuhlen berichtete, dass einzelne Stücke bis zu fünf Mal vor ausverkauftem Haus aufgeführt wurden, insgesamt also 3000 Zuschauer hatten. Und das, obwohl manche Aufführungen bis zu vier Stunden dauerten.

 Aus dem Nachlass von Werner Maas erhielt Klaus Kuhlen diese historischen Fotos der Theateraufführungen von "Diener zweier Herren" und "Et Lockdüwke". Sie zeigen, welcher Aufwand bei den Kostümen und auch beim Bühnenbild betrieben wurde. Bekannte Maler wie Wilhelm Angenendt und Johann Blaas griffen dafür zum Pinsel.

Aus dem Nachlass von Werner Maas erhielt Klaus Kuhlen diese historischen Fotos der Theateraufführungen von "Diener zweier Herren" und "Et Lockdüwke". Sie zeigen, welcher Aufwand bei den Kostümen und auch beim Bühnenbild betrieben wurde. Bekannte Maler wie Wilhelm Angenendt und Johann Blaas griffen dafür zum Pinsel.

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Zeitzeuge Hermann Voss hatte nicht nur wichtige Erinnerungen zum Vortrag beigetragen, sondern auch sein Original-Rollenbuch des Reeser Lustspiels "Lockdüwke" zur Verfügung gestellt. So konnten Klaus Kuhlen und Herbert Venhofen, aber auch mehrere Freiwillige aus dem Publikum das an Pointen reiche Finale des erfolgreichen Lustspiels von Willy Buschmann mit verteilten Rollen vorlesen.

Im Rahmen der Präsentation wurde deutlich, welchen gesellschaftlichen Wert die Bühnenstücke einst hatten. Schon im Winter 1881, nur wenige Monate nach Gründung der Kolpingfamilie, gab es die erste Aufführung. Denn neben der Fortbildung in Form von Vorträgen hatten die Kolpingbrüder auch die Unterhaltung in ihren Statuten verankert. "Die Stücke brachten außerdem Geld ein", erklärte Klaus Kuhlen. So sei das erste Stiftungsfest der Kolpingfamilie im Jahr 1882 mit jenen "500 bis 600 Mark" finanziert worden, die durch Eintrittsgelder der Theaterbesucher eingenommen worden waren. Unter der Regie von Paul Becker wurden Dramen wie "Andreas Hofer" oder "Die Wiedertäufer" einstudiert, später übernahm Willy Buschmann die Leitung, nachdem sein Drama "Die abgehauene Hand" bei der 700-Jahr-Feier im Jahr 1928 großes Lob erfahren hatte.

Der Nationalsozialismus machte öffentliche Aufführungen unmöglich, der Zweite Weltkrieg zerstörte den Theatertraum vollends. Rees wurde bombardiert, Schauspieler starben, es fehlte am Nötigsten. Im Sommer 1947 und 1949 gaben Kolpingbrüder aus Wesel Gastspiele in Rees - erst vor der Ruine der Pfarrkirche, dann im Kinosaal Terstegen. 1950 fand sich unter der Leitung des Pädagogen Ernst van Elten die Spielschar der Kolpingfamilie wieder zusammen. Stücke wie "Pension Tullius", "Madame Kuckuck" und "Diener zweier Herren" füllten die Säle und strapazierten die Lachmuskeln. Mit "Bahnwärter Engelmeier" wollte Ernst van Elten auch das ernste Fach nach Rees bringen, doch Herbert Venhofen ergänzte Klaus Kuhlens Vortrag um seine Erinnerung, wie der dramatische Satz "Der Zug ist entgleist" für lautstarkes Gelächter beim Publikum sorgte. 1954 brachte Willy Buschmann sein Stück " Et Lockdüwke" erneut auf die Bühne. Das Originalmanuskript war im Krieg zerstört worden, so schrieb er es neu, wodurch es ein echter Straßenfeger wurde. Schon acht Tage vor der Premiere waren zwei Aufführungen ausverkauft. Damit auch auswärtige Besucher kommen konnten, begann das Stück um 18 Uhr, früh genug, um die letzte Kleinbahn nach Wesel um 21.38 Uhr und den letzten Bus nach Emmerich um 21.45 Uhr zu erwischen. 1960 war Schluss mit Lustig. Klaus Kuhlen führt das Ende der Reeser Theatertradition auf die schlechte Gesundheit von Karl Nienhaus, der die Laienschar ab 1959 leitete, zurück, aber auch auf die steigenden Kulturangebote der Nachbarstädte und die Konkurrenz des Fernsehens.

(ms)
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