Emmerich Als Mataré nach Kleve kam

Emmerich · "Sonja Mataré. Erinnerungen" heißt der lesenswerte Band vom Freundeskreis der Klever Museen, der jetzt im Klever Buchhandel ausliegt.

Rechts ein großes Fenster mit Eisensprossen, daneben, an der Wand, der dunkle Engel mit dem ausgestreckten, weisenden, langen Finger. Vor dem Engel steht eine Staffelei mit zwei Drucken und an der Stirnwand hängt ein großes Bild. Es zeigt wie Ornamente Wäldchen und Felder. Im Vordergrund ein Arbeitstisch mit zwei hölzernen Schraubstöcken, darauf der ewig unvollendete Reiter. Es ist das Atelier von Ewald Mataré in den 1980er Jahren in Büderich. Heute gehören die Arbeiten, die auf dem alten Foto zu sehen sind, zum Schatz des Museums Kurhaus, Engel und Reiter sind in der ständigen Mataré-Ausstellung zu sehen oder gehen von hier aus auf Reisen zu Ausstellungen des berühmten deutschen Künstlers und Beuys-Lehrers.

Damals verwaltete seine Tochter Sonja den Nachlass, nach dem der Bildhauer 1965 unerwartet gestorben war. Sonja Mataré soll den Nachlass mit all seinen Werken wenige Jahre später, 1988, in ein noch nicht gebautes Museum an den tiefen unteren Niederrhein nach Kleve geben. Es wird der Grundstock des Klever Museums, das seinen Namen "Museum Kurhaus. Ewald Mataré Sammlung" mit im Titel trägt. In Kleve ist Sonja Mataré Ehrenmitglied bei den Museumsfreunden.

Jetzt, kurz vor ihrem 90. Geburtstag, blickt sie zurück auf ein knappes Jahrhundert deutscher Geschichte. "Sonja Mataré. Erinnerungen" heißt der von den Klever Museumsfreunden herausgegebene Band, der ihr eng mit ihrem Vater verbundenes Leben nachzeichnet. Als Kind der Düsseldorfer Boheme um den später von den Nazis verfemten Akademieprofessor, dessen Kunst dann die Nachkriegsrepublik maßgeblich prägte, durchlebt sie alle Höhen und Tiefen dieser Jahrzehnte. Sie berichtet von unbeschwerten Kindertagen, von ihrer Jugend mit der Ausbildung zur Goldschmiedin, von der Zusammenarbeit mit dem berühmten Vater, der ihr die Eigenständigkeit ließ. Sie erzählt von den Treffen ihres Freundeskreises, darunter Jupp, der Beuys aus Kleve. Oder von ihren abenteuerlichen Reisen. Und nicht zuletzt berichtet sie auch von Kleve. Auf einem überlebensgroßen Bild war Sonja Mataré Teil der jüngsten Ausstellung im Museum - der Fotograf Ori Gersht hatte auch sie als "Patron" des Museums fotografiert.

Die Neusser Autorin Irmgard Faber-Asselborn zeichnete die Erinnerungen Sonja Matarés auf, Guido de Werd, der sie nach Kleve einlud, schrieb ein feinfühliges Nachwort. Nicht nur für Kunstfreunde ein lesenswertes Buch geworden, das auch von ihrer Liebe zum Garten erzählte, den sie zusammen mit Beuys einrichtete.

Ein Buch, das aber auch nicht vergisst, ihre eigenen Arbeiten als Goldschmiedin (de Werd hatte ihr vor Jahren in Kleve eine Ausstellung gewidmet) vorzustellen. Viele Fotos ergänzen den Text ebenso, wie die Tagebuchaufzeichnungen ihres Vaters. Ein Vater, der an dieser seiner Tochter hängt, sie nicht missen möchte . . .

(RP)
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