Emmerich Angst und Wut bei Emmericher Jesiden

Emmerich · Gestern Abend demonstrierten die Jesiden in der Klever Innenstadt gegen die Verfolgung ihrer Landsleute im Irak und den drohenden Völkermord durch die sunnitische Terrorgruppe "IS". Viele Emmericher waren auch dabei. Im Kreis Kleve leben etwa 600 jesidische Familien. 130 von ihnen in Emmerich.

Irak: Jesiden demonstrieren in Kleve gegen Gewalt und IS
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Jesiden demonstrieren in Kleve gegen Gewalt im Irak

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Am Abend vor der Demonstration in Kleve trafen sie sich im Gemeindehaus an der Straße Ossenbruch. Dabei ging es nicht nur um die Demonstration, sondern auch um die Gefühlslage der Gemeinde in diesen harten Zeiten. Und um den Masken-Vorfall vom vergangenen Sonntag, bei dem drei junge Emmericher mit ihrem Wagen am Gemeindehaus der Jesiden vorbeifuhren. Dabei trugen sie Motorradmasken.

Rund 400 Jesiden waren zur Versammlung ins Kulturzentrum am Ossenbruch gekommen. Der Vorfall vom Sonntag war ein beherrschendes Thema. Für die Polizei im Kreis Kleve war Karl-Heinz Piron anwesend. Er ist der Kontaktbeamte für muslimische Institutionen im Kreis.

Jesiden demonstrieren in Bielefeld
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Tausende Jesiden demonstrieren in Bielefeld

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Dreimal musste der ganze Saal die Stuhlreihen nach vorn rücken, weil immer mehr Mitglieder hereindrängten. Auch aus Kleve und Wesel. Zwei Deutsche blieben an diesem Abend lieber draußen. Sie waren es, die vermummt am Gemeindehaus vorbeigefahren waren.

Die beiden jungen Männer suchten das Gespräch mit dem Jesiden-Vorstand. Und entschuldigten sich für ihr Verhalten. Im Versammlungsraum spürte man Wut. Es gab kaum jemanden, der die vom zweiten Vorsitzenden Hüseyin Ezer verkündete Entschuldigung der reuigen Täter akzeptieren konnte. Hauptkommissar Piron versuchte, die Diskussion in sachliche Bahnen zu lenken.

"Der leidige Vorfall am Sonntag hat uns schockiert. Es stellte sich aber in den Vernehmungen heraus, dass es ein ,Dummer-Jungen-Streich' gewesen ist", sagte Piron. "Alle halten sich an Gesetze, auch wenn wir viel Schmerz im Herzen empfinden. Die Frage ist aber doch: Wie kann ein 29-Jähriger so etwas machen?", fragte ein wütender Versammlungsteilnehmer.

Tumulte nach Angriff auf Jesiden in Herford
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Tumulte nach Angriff auf Jesiden in Herford

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Eine junge Mutter dachte an den Schulanfang am Montag: "Kann ich meine Kinder sicher in die Schule schicken?" Piron muss selbstbewusst beruhigen: "Natürlich! Und zwar genauso, als wäre der Vorfall nicht passiert." Piron erklärte: "Eine Gewissheit für Sicherheit gibt's nicht. Deshalb sollten alle erhöht aufmerksam sein. Und sich auch bei Kleinigkeiten an die Polizei wenden."

Das hat auch besagter Bäcker getan, der am Sonntag beim Beliefern der Jesiden von einer Gruppe angesprochen worden ist. Diese fragte ihn, welcher Religion er angehöre. Als er sagte, er sei Moslem, sei ihm gesagt worden, er solle sich als Moslem nicht mit Jesiden einlassen. Diese Gruppe soll aus Deutschen bestanden haben, was bei den Jesiden die Vermutung schürt, dass Rechtsradikale und Salafisten hier an einem Strang ziehen.

Dieser Vorfall hat sich noch nicht aufklären lassen. Der Mann wollte am Dienstag seine Aussage bei der Polizei machen.

(miry/hg)
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