Rees Asyl: Hendricks weint auf dem Podium

Rees · SPD-Abgeordnete berichtet von Kindern in Containersiedlung und wird von Emotionen überwältigt.

 Bereits zu Beginn der Versammlung machte Barbara Hendricks (rechts) einen angespannten Eindruck. Wenig später brachen die Emotionen aus ihr heraus.

Bereits zu Beginn der Versammlung machte Barbara Hendricks (rechts) einen angespannten Eindruck. Wenig später brachen die Emotionen aus ihr heraus.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Barbara Hendricks ist 61 Jahre alt. Sie ist Bundesschatzmeisterin der SPD, war Staatssekretärin. Eine Frau, die weiß, was sie will und wie man sich durchsetzt. Am Mittwochabend trat im evangelischen Gemeindehaus in Rees eine andere Seite der Spitzenpolitikerin zutage.

Rees: Asyl: Hendricks weint auf dem Podium
Foto: Stade

Hendricks wollte vor den etwa 40 Teilnehmern eines Treffen, zu dem die Initiative "Fremde werden Freunde" eingeladen hatte, über ihren Besuch im Wohnheim am Melatenweg berichten, als ihr die Stimme versagte. Als sie versuchte, die Tränen herunterzuschlucken und weiterzusprechen, ging für eine Minute dann gar nichts mehr. Hendricks musste eine Pause einlegen und wischte sich die Tränen ab.

 Das Plakat im evangelischen Gemeindehaus machte deutlich, was die Kritiker in Rees vom Lebensmittelshop im Asylbewerberheim halten.

Das Plakat im evangelischen Gemeindehaus machte deutlich, was die Kritiker in Rees vom Lebensmittelshop im Asylbewerberheim halten.

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)

Was war in dem Übergangsheim geschehen? Hendricks hatte die Kinder von Madina Gordanova getroffen. Die Mittdreißigerin lebt seit zehn Jahren mit Ehemann und ihren mittlerweile vier Kindern in der Containersiedlung. Die Kinder gehen in Rees zur Schule. "Sie haben mir gesagt, dass sie so leben wollen wie ihre Schulkameraden", erzählte Hendricks unter Tränen. "Sie sprechen alle perfekt Deutsch, werden von den Kindern nach Hause eingeladen. Aber niemand kommt und besucht sie."

Tränen waren zuvor schon geflossen, als die Mutter der Kinder, Madina Gordanova, bei dem Treffen etwas sagen sollte. Sie brachte nur wenige Sätze über die Zustände in den Containern hervor. Danach musste sie von Anne Wagner ("Fremde werden Freunde") getröstet werden.

Entsprechend emotional war die Atmosphäre, in der danach Vertreter vom NRW-Flüchtlingsrat, von Amnesty International, von Attac, Caritas und Piratenpartei erklärten, dass die Zustände im Flüchtlingsheim nicht zu tolerieren seien. Helmut Wesser von den Grünen saß ebenfalls mit auf dem Podium. Er ist eine der treibenden Kräfte der Container-Kritiker und ging die Vertreter von CDU und SPD hart an: "Rees ist keine arme Stadt. Wir können es uns erlauben, die Flüchtlinge besser unterzubringen." Die Angegriffenen konterten, dass die Asylanträge eines Teils der Menschen bereits abgelehnt worden seien. Bund und Land würden sich deshalb an den Kosten ihrer Unterbringung nicht mehr beteiligen. "Das bleibt alles an Rees hängen."

Hauptthema des Abends war die Versorgung der Flüchtlinge im Shop des Lagers und nicht mit Bargeld. Die sei unwürdig, so die Kritik.

Zur Sprache kam auch der Angriff auf den Verkäufer in dem Shop vor wenigen Tagen. Dies sei nicht in Ordnung, hieß es. Aber wer wisse schon, was da wirklich geschehen sei. Ebenfalls nicht weiter verfolgt wurde der Hinweis, dass es vor mehr als zehn Jahren Lebensmittelgutscheine für Flüchtlinge in Rees gegeben habe. Damals klagten Grundschullehrer, dass einige Kinder der Flüchtlinge ohne Essen zur Schule gegangen seien. Mit den Gutscheinen seien keine Lebensmittel erworben worden. Asylbewerber hätten sie illegal gegen Geld getauscht.

Das war ein Grund dafür, dass die Verwaltung auf ein Ausgabesystem umschwenkte, bei dem die Flüchtlinge in einem Shop Lebensmittel bekommen, die von der Stadt bei einem Händler bezahlt werden. Darüber hinaus gibt es für die Flüchtlinge ein Taschengeld, das bei 137 Euro im Monat liegt. Ehepaare bekommen zusammen 246, Kinder je nach Alter zwischen 80 und 88 Euro.

Eingeladen worden zum Treffen im Gemeindehaus auch Ärzte aus Rees sowie Vertreter der Schulen und der Kindergärten. Sie blieben der Versammlung fern. Ebenso die Stadtverwaltung.

(RP)
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