Emmerich Christian Olding: Kirche braucht Reformer wie Martin Luther

Emmerich · Freundschaftliche Umarmungen, Händeschütteln und nette Gespräche - Kaplan Christian Olding wurde herzlich willkommen geheißen, als er im Rahmen der Glaubenstage 2017 am Montagabend in der St. Martinuskirche predigte. Beide Mittelschiffe waren gut besetzt. Sein Thema: "sola scriptura, sola gratis, sola fide - allein durch die Schrift, durch Gnade, allein durch Glaube". In gewohnt offenen Worten sprach er über die Institution Kirche und verglich sie mit dem sterbenden Lazarus. Die Bibelgeschichte stand im Mittelpunkt des Evangeliums.

 Kaplan Christian Olding sprach während der Glaubenstage in Elten.

Kaplan Christian Olding sprach während der Glaubenstage in Elten.

Foto: RP-Archivfoto

Die Kirche sei ein sterbender Patient. "Fusion, Priestermangel, Personalveränderungen - da haben Sie hier in Hüthum, Elten und Hochelten noch Glück gehabt." Doch auch durch die Veränderungen seien die Kirchen nicht voller geworden. "Es gibt aber Hoffnung: Ich schlage Ihnen einen Rettungsplan vor, ähnlich dem von Martin Luther. Die entscheidende Frage ist nicht, was wollen wir, sondern was will Gott?" Zur Beantwortung dieser Frage müsse man, so sagt auch Luther, die Bibel lesen, darin stehe Gottes Wort. Die Bibel erkläre, wie christliches Leben geht. Dann muss man glauben, dass das, was da steht, auch wahr ist. Gott hält bedingungslos an die Menschen fest, diese müssen aber auch den Glauben mit allen Konsequenzen leben. Dann erkennen sie: Gottes Liebe hat keine Grenzen. "Es gibt nur zwei Möglichkeiten, diese Kirche zu retten: Bete und arbeite", so Christian Olding, der jetzt in Geldern lebt und in der Gemeinde St. Maria Magdalena arbeitet. "Wenn der Glaube und Gottes Willen endlich wieder Bedeutung bekommen, dann kann der tote Patient zu neuem Leben aufstehen. Dazu bedarf es Reformer, wie Luther einer war."

Nach dem Gottesdienst lud Pastor Theo van Doornick in das Pfarrheim zu einem Gespräch ein. Gregor Pollmann, einer der Organisatoren der Glaubenstage, moderierte die Runde, der rund 30 Besucher folgten. Die großen Fusionen, das könne nicht klappen, sagte Olding. "Lokale Ortsgemeinden - das ist die Rettung der Kirche." Pastor van Doornick erzählte: "Als ich vor fünf Jahren hierher kam, war das Damoklesschwert abzuwehren, dass Hüthum und Elten nach Emmerich kamen. Es gab ein spürbares Aufatmen, als sich St. Vitus zusammenschloss." In Elten und Hüthum kenne ich alle und jeder achtet auf den anderen."

In Geldern gehe man neue Wege und suche die kleinen Gemeinschaften für den Glauben. "So haben wir ein neues Angebot: Wenn sich mindestens acht Leute zu einem Menü treffen, kommen wir dazu und bringen die 'religiöse Speisekarte' mit", erzählte Olding.

Auch wenn die Kirche nur um sich selbst kreise und sich so nicht weiter entwickeln kann, der Glaube für so manchen zu einer "Couchpatatoes-Wellness-Religion" geworden ist und Gott als "Wunschfee" missbraucht werde, liebe er trotzdem die katholische Kirche und ihre Sakramente, sagte der Kaplan. "Ich rüttele gerne daran, so lange meine Kräfte reichen, denn da geht noch ganz viel und es gibt Hoffnung, weil es immer noch Menschen gibt, die für den Glauben alles tun." Er bedauere, dass einige befreundete Geistliche aufgegeben haben. "Ob ich in 20 Jahren noch Priester bin, weiß ich nicht. Für mich ist Gottes Wille ausschlaggebend. Es bleibt spannend."

(moha)
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