Rees Comedy aus dem Familien-Nähkästchen

Rees · Margie Kinsky und Bill Mockridge sorgten im Bürgerhaus für viele Lacher - und baten den Chor "Best Age" zu einem spontanen Auftritt.

 "Ordnungsamt trifft Wanderzirkus": Bill Mockridge und Margie Kinsky nahmen ihre 35 Jahre andauernde Ehe auf die Schüppe. RP-Foto: Markus van Offern

"Ordnungsamt trifft Wanderzirkus": Bill Mockridge und Margie Kinsky nahmen ihre 35 Jahre andauernde Ehe auf die Schüppe. RP-Foto: Markus van Offern

Foto: Markus van Offern

Fünf Minuten vor ihrem Auftritt huschten Margie Kinsky und Bill Mockridge noch schnell vors Bürgerhaus, um sich mit den lebensgroßen "Alltagsmenschen" der Bildhauerin Christel Lechner zu fotografieren. "Richtig toll" fanden sie die leicht untersetzten Wonneproppen, denen der Betrachter die Höhen und Tiefen ihres genussvollen Lebens ansieht.

Passend dazu, ging es wenig später auf der Bühne auch um die alltäglichen Höhen und Tiefen eines Paares, das seit 35 Jahren verheiratet ist und dessen sechs Söhne flügge wurden, um ähnlich kreative Berufe wie ihre Eltern zu ergreifen.

"Hurra, wir lieben noch", ist der Titel des Kabarettprogramms, aber auch des Buches, für das die temperamentvolle Römerin und der stoische Kanadier mit vielen älteren Paaren über das Geheimnis ihrer langen Beziehungen sprachen. Auch das Reeser Publikum musste gleich zu Beginn Privates preisgeben.

Wer von den 270 Zuschauern blickt auf die längste Beziehung zurück? Es waren Bernd und Dagmar, die sich vor 54 Jahren als Studenten beim Umtrunk trafen. Und welche Beziehung war besonders frisch? Da siegten Marcel und Ruben, die sich vor fünf Monaten "ganz klassisch übers Internet" kennenlernten.

Bei Margie Kinsky und Bill Mockridge war es in den frühen 80er Jahren ein Aushang am schwarzen Brett. Der frisch aus Kanada zugereiste Schauspieler Mockridge suchte Mitwirkende für Theater- und Kabarettprojekte. Die Studentin Kinsky meldete sich, bekam den Job und den Mann gleich obendrauf. Gemeinsam gründeten sie das Bonner Improvisationstheater Springmaus und eine Großfamilie, durch sie sie zu den "Flodders" von Bonn-Endenich wurden.

Tragikomisch blickte das Paar auf die erste gemeinsame Reise mit dem Kanu durch kanadische Nationalparks zurück (Kinsky: "Wenn ich Elche sehen will, reicht mir die Quittung von IKEA") oder auf die umfassenden Veränderungen in Mockridges 44,5 Quadratmeter großer Studentenbude, als Kinsky dort einzog: "Ordnungsamt trifft Wanderzirkus". Mockridge fügte sich, wie vor ihm schon Adam im Paradies, seinem Schicksal. Denn in jeder guten Beziehung muss sich der Mann entscheiden: "Will ich Recht haben oder Sex?"

Nach einer 20-minütigen Pause, in der Mockridge und Kinsky eifrig Bücher signierten und sich angeregt mit den Zuschauern unterhielten, plauderten die Bonner auf der Bühne aus dem Familien-Nähkästchen. Es ging um sechsfaches Gebären im Johanniter-Krankenhaus ("Ihr schon wieder?"), kleine Sorgen mit kleinen Kindern (Schultheater, Rohkostwoche, Mitteilungsheft) und große Sorgen mit Heranwachsenden. "Kinder sollten mit einem Beipackzettel zur Welt kommen", forderten Kinsky und Mockridge, da nicht einmal die Verbraucherzentrale davor warnt, dass süße kleine Babys irgendwann zu stinkenden Zombies mutieren.

Doch anders als junge Paare, die sich heute gern sofort nach dem ersten Streit scheiden lassen, sind die Protagonisten des kurzweiligen Kabarettabends auch nach 35 Jahren immer noch zusammen: "Wir kommen aus einer Generation, in der man kaputte Dinge nicht gleich wegschmeißt, sondern sie repariert." Nach zwei Zugaben holten Mockridge und Kinsky den Rees-Halderner Chor "Best Age" auf die Bühne. Die 16 Damen waren eigentlich nur als Zuschauerinnen ins Bürgerhaus gekommen - doch Improvisation wird bei Margie Kinsky und Bill Mockridge bekanntlich großgeschrieben.

(RP)
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