Emmerich Das stille Ende eines Traditionsverlags

Emmerich · Bei Boss-Medien in Goch sind seit dem 31. Dezember die Lichter aus. Bis zuletzt hatten Kunden auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit gehofft. Doch Maschinen und Gebäude werden nun verkauft.

Emmerich: Das stille Ende eines Traditionsverlags
Foto: Evers Gottfried

An den Produkten habe es nicht gelegen. "Die Druckerzeugnisse waren von höchster Qualität", betont Insolvenzverwalter Horst Piepenburg. Sehr viele Kunden hätten in den vergangenen Wochen förmlich darum gefleht, dass Boss-Medien in Goch noch weiter Bücher produziert. Doch für das Traditionsunternehmen ist seit dem 31. Dezember definitiv Schluss. Allen Mitarbeitern wurde gekündigt.

Piepenburg verkauft aktuell die Maschinen, auch das Firmengebäude an der von-Monschaw-Straße wird veräußert werden. Der angeschlossene Pagina-Verlag ist von der Insolvenz nicht betroffen. Inhaber Franz Engelen wird künftig mit freien Mitarbeitern hier die Geschäfte weiterführen. Das Unternehmen Boss-Medien wird jetzt abgewickelt. Lange Zeit habe man gehofft, dass ein Investor einsteigt. Doch die Gespräche mit zwei weiteren Druckereien seien durch die wegfallenden Aufträge empfindlich gestört worden, so Piepenburg.

So habe es in den Monaten August, September und Oktober einen erheblichen Einbruch gegeben. Die Auftragslage sei "desaströs" gewesen, so Piepenburg. Entsprechend habe er handeln müssen. Gut 60 Mitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz verloren. Fünf Mitarbeiter sind zurzeit in Goch noch beschäftigt, um die restlichen Geschäfte abzuarbeiten und Forderungen einzuziehen. Man habe bis zum letzten Tag versucht, das Unternehmen zu retten, sagt Piepenburg: "Selbst zwischen Weihnachten und Neujahr wurde noch ausgeliefert."

Der Maschinenpark werde international angeboten. Piepenburg geht davon aus, dass er die hochwertigen Druckmaschinen gut verkaufen kann - allerdings auch nicht zum Schleuderpreis. Darauf werde er achten. Einen Zeitrahmen hat sich Piepenburg dafür nicht gesteckt. "Sorgfalt geht jetzt vor Eile", sagt er. Der Pagina-Verlag ist bereits an die Wiesenstraße in Goch umgezogen. Boss-Druck stand für eine hohe Qualität. Vor allem auf dem Gebiet der Kunstbücher hat sich der Verlag einen Namen gemacht. Für dieses Segment habe es auch Aufträge aus Amerika, England oder der Schweiz gegeben, berichtet Engelen.

Valentina Vlasic, Kuratorin im Museum Kurhaus Kleve, ist über die Insolvenz sehr bestürzt: "Es bricht mir das Herz", sagt sie. So eine gute Kunstbuch-Druckerei in der Region werde es nicht mehr geben. Die Boss-Druckerei habe ein enormes Know-how geboten, "ein unverzichtbarer Partner für die Lithografie", so Vlasic: "Ich bin sehr, sehr traurig."

Franz Engelen habe immer sehr stark mit dem Produkt gelebt. Vlasic erinnere sich noch gut an die Produktion des Überblick-Kataloges im Jahr 2012. Auf 588 Seiten habe man den gesamten Bestand des Museums dokumentiert: "Nur fünf Tage nach der Fertigstellung kam Franz Engelen persönlich mit den gebundenen Exemplaren zur Eröffnung. Das war unvorstellbar", so Vlasic. Elf Jahre habe sie mit der Druckerei zusammengearbeitet und in Engelen einen Freund für hochwertige Kunstbücher gefunden: "Das sind ja keine Wegwerfartikel, sondern das ist etwas wirklich Besonderes."

Auch Johannes Look vom Museum Schloss Moyland hat bis zuletzt gehofft, dass Boss-Druck bestehen bleibt: "Das ist wirklich bedauerlich. Wir haben so viele Jahre mit dem Unternehmen zusammengearbeitet. Da geht eine Menge Tradition den Bach hinunter." Er lobt die Verlässlichkeit und die unkomplizierte Herangehensweise des Unternehmens. "Es ist immer gut, wenn man einen Verlag vor Ort hat." Boss-Druck sei in den Jahren ein kompetenter Partner vor Ort gewesen.

(geb)
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