Emmerich Der weite Weg des Spenderblutes

Emmerich · Blutanalyse, Zentrifuge, Freigabe - für Mediziner geht die Arbeit nach der Blutabnahme richtig los. Der Blutspendedienst West des DRK hat der RP einen exklusiven Einblick in das Zentrum für Transfusionsmedizin gewährt.

So verläuft der weite Weg des Spenderbluts
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So verläuft der weite Weg des Spenderbluts

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Das Telefon klingelt. Eine Bestellung. Eine Mitarbeiterin holt das gewünschte Produkt, scannt es und bereitet es zum Versand vor. Das Kühlregal in ihrem Rücken ist voll, aber nicht mit Lebensmitteln - sondern mit Blut. Heinz Kapschak zeigt dem Gast aus der RP-Redaktion gerade den Vertrieb. "Hier geht es zu wie beim Pizza-Taxi, nur ohne Sardellen und Salami", sagt der stellvertretende Pressesprecher des Blutspendedienstes West des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).

Im Zentrum für Transfusionsmedizin in Hagen ist an diesem Morgen wieder viel zu tun. In Hagen landen Blutspenden aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Von hier aus werden Krankenhäuser im Bereich Nordrhein mit Blutprodukten beliefert. Doch bis beispielsweise Ärzte in Emmerich Blut aus Hagen transfundieren, also eine Transfusion vornehmen, können, wird es intensiv analysiert und aufbereitet. "Das Spenderblut geht einen weiten Weg", sagt Kapschak. Wir erklären den Weg:

Bluteingang Ab 22 Uhr beginnt die Arbeit. Im Wareneingang herrscht dann Hochbetrieb. Die Waren sind hier Beutel und Reagenzgläser mit Spenderblut. Im Eingangsbereich türmen sich die Kästen. Sie sind mit Nummern beschriftet, um sie den Spendeorten zuzuordnen. Beutel und Reagenzgläser werden gescannt und in der EDV erfasst.

Zentrifuge Sowohl Blutbeutel als auch Reagenzgläser kommen in eine Zentrifuge. Die Maschine ist kastenförmig, sieht aus wie eine Waschmaschine mit einer Öffnung oben. Der Bereich mit den einzelnen Fächern und dem Motor erinnert an einen Roulette-Kessel. Das Blut wird 25 Minuten bei 4000 Umdrehungen zentrifugiert. "Dadurch setzen sich die einzelnen Bestandteile voneinander ab", erläutert Blutspendedienst-West-Pressesprecher Friedrich-Ernst Düppe.

Blutanalyse Im Labor ist es laut. Es riecht stechend, steril und zischt aus allen Richtungen. Mehrere Maschinen bewegen sich. Sie Füllen Blut aus den Proberöhrchen in Gelkästchen. Für das Blut jedes Spenders entsteht - je nach Blutgruppe - ein bestimmtes Muster. Auf einem langen Tisch stehen Hunderte Röhrchen bereit zur Analyse. Ihre "Füllung" ist nur unten dunkelrot, hier schwimmen rote und weiße Blutkörperchen. Der flüssige Teil des Blutes, das Plasma, befindet sich oben und sieht milchig-gelb aus. In der Mitte befindet sich ein Sammelsurium aus allen Bestandteilen, Buffy Coat genannt.

"Die Blutgruppenbestimmung ist das A und O. Wenn die falsche Blutgruppe transfundiert wird, ist das tödlich", sagt Düppe. Er hält einen Teil eines Ausdrucks in der Hand. Dort sind die Ergebnisse der Blutgruppenanalyse aufgelistet. Der Ausdruck stapelt sich, ist meterlang.

Neben der Blutgruppe wird das Spenderblut auf Krankheiten wie Hepatitis, HIV oder Syphilis untersucht. Für die Analyse werden zwei Testformen verwendet, der Virusdirektnachweis mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion)und der Antikörper-Test. Maschinell wird Probenmaterial entnommen und untersucht. Zu sehen ist davon nichts. Die Analyse erfolgt im Inneren der Maschine.

Abpressverfahren Ein paar Gänge weiter widmen sich Mitarbeiter im Präpositionslabor den Blutkonserven. Mit Hilfe einer speziellen Maschine (Kompomat) werden die Bestandteile des zentrifugierten Blutes gefiltert. Das Plasma wird durch einen Schlauch in einen Beutel gedrückt. Der Beutel wird schließlich bei minus 65 Grad Celsius schockgefrostet. Das Plasma hat dann eine feste Konsistenz und ist in dieser Form zwei Jahre haltbar.

Auch die roten Blutkörperchen strömen in einen eigenen Beutel, es ergibt sich ein Erythrozytenkonzentrat. Nach der Abtrennung werden die Erythrozytenkonzentrate noch gefiltert, um die weißen Blutkörperchen zu entfernen. Der Buffy Coat bleibt zurück. Es ergeben sich somit drei Blutprodukte (siehe Infobox).

Buffy Coats Hier ist jetzt Handarbeit gefragt. Buffy Coats von vier Spendern werden mit dem Plasma eines Spenders ausgewaschen. "Dadurch lösen sich die Blutplättchen vom Rand des Beutels", erläutert Heinz Kapschak. Somit entsteht ein Beutel mit Konzentrat aus Blutplättchen (Thrombozyten).

Freigabe Im Regelfall sind die drei Konzentrate (Erythrozyten, Thrombozyten, Plasma) am Tag nach der Blutspende gegen Mittag zu medizinischen Produkten verarbeitet. Wenn bei der Analyse keine Krankheiten festgestellt wurden, erfolgt die Freigabe. Andernfalls wird das Blut vernichtet.

Lagerung Von jeder Spende wird eine Probe eingehalten und im Kühlraum gelagert - bei minus 40 Grad Celsius. Reagenzgläser liegen in Kästen, die mit dem Datum des Spendetermins etikettiert sind. Die Kästen sind mit dichtem Eis bedeckt, auf dem Boden herrscht Glatteisgefahr.

In einem Vorraum werden bei zwei bis acht Grad Reserven für Nachuntersuchungen gelagert. Die Beutel mit den fertigen Blutprodukten gehen weiter an den Vertrieb. Jeder Beutel ist versehen mit einem Abfüll- und einem Haltbarkeitsdatum.

Die Blutkonzentrate sind jetzt bereit für die Transfusion.

(RP)
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