Emmerich Diabetes: Waldorfschule nimmt Kind nicht auf

Emmerich · Mutter Birgitt Höhn kann Entscheidung nicht nachvollziehen. Für die Schule ist der Betreuungsaufwand für Nala-Evy (7 Jahre) zu groß.

Für Birgitt Höhn war es ein Schock. Zwei Tage vor der Einschulung ihrer Tochter Nala-Evy bekam sie im vergangenen Monat einen Brief von der Freien Waldorfschule Dinslaken. Darin wurde ihr mitgeteilt, dass die Schule das siebenjährige Mädchen entgegen der bisherigen Zusage nicht aufnehmen könne. Der Grund: Nala-Evy ist im Juni an Diabetis mellitus Typ I erkrankt, und die Schule sah sich außerstande, "allen Bedürfnissen und Aufgaben in Bezug auf den Gesundheitszustand des Mädchens nachzukommen". Deshalb wurde die Zusage vom 28. Februar zur Aufnahme in die erste Klasse zurückgenommen.

"Ich war wütend und konnte es nicht fassen", erinnert sich Birgitt Höhn an ihre Gefühle, als sie die Hiobsbotschaft erfuhr. Sie dachte natürlich sofort an ihr Kind. "Wie sollte ich dem Mädchen nur klar machen, dass sie nicht an der Waldorfschule eingeschult werden würde?", fragte sich die Mutter, die mit ihrer Familie in Emmerich wohnt. Für das Mädchen, das die Mutter als "introvertiert, ruhig und zurückhaltend" beschreibt, muss eine Welt untergegangen sein. Ihre fünf Geschwister hatten ebenfalls die Waldorfschule besucht. Dass man sie wegen ihrer Erkrankung nun nicht mehr aufnehmen wollte, konnte sie nicht verstehen. Birgitt Höhn war gezwungen, anderthalb Tage vor der regulären Einschulung eine neue Schule für ihre Tochter zu finden. Die Siebenjährige wurde dann an der Gemeinschaftsgrundschule der Stadt Emmerich angenommen.

Für die Absage aus Dinslaken bringt Birgitt Höhn, die als Sprecherin dem Kreisvorstand der Grünen im Kreis Kleve und dem Kreistag angehört, kein Verständnis auf. "Das passt nicht ins Waldorf-Konzept, die Menschen so anzunehmen, wie sie sind", sagt die Mutter. Sie wollte sich anfänglich in der Schule selbst um ihre Tochter kümmern und hatte zudem für die Betreuung durch einen Pflegedienst gesorgt. Mit der Entscheidung, Nala-Evy nicht aufzunehmen, hat die Schule sich nach Höhns Ansicht "pädagogisch disqualifiziert". Ihre zehnjährige Tochter, die ebenfalls die Waldorfschule in Dinslaken besuchte, hat sie dort abgemeldet. Das Mädchen geht nun aufs Gymnasium in Emmerich.

"Wir grenzen ein kranken Kind nicht aus, aber wir können in diesem Fall die optimale medizinische Betreuung einfach nicht gewährleisten", erklärte gestern Nicole Fröhlich, Lehrerin und Mitglied der Schulleitung der Freien Waldorfschule Dinslaken. Die Schule habe erst kurz vor der Einschulung eine Liste von Birgitt Höhn bekommen, auf der aufgeführt war, welche Unterstützung das Mädchen bei der regelmäßigen Blutzuckerkontrolle und der eventuell erforderlichen Insulingabe benötigt. Der Aufwand, um Nala-Evy adäquat versorgen zu können, bedauerte Fröhlich, sei so kurzfristig nicht zu stemmen gewesen. Zum Wohl des Kindes habe man deshalb die bereits zugesagte Aufnahme in die Schule zurücknehmen müssen. "Das tut uns natürlich sehr leid, wir können die Verärgerung von Frau Höhn verstehen."

(RP)
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