Rees Die Fans feiern die Pop-Musik
Rees · Tag 1 und 2 des Festivals sind vorüber. Fazit: In Haldern trifft Klangwahnsinn auf Kontraste.
Am Freitagmorgen zogen die ersten Musikliebhaber nach einem ereignisreichen Abend schon wieder gen Kirche. Der junge Chor "Cantus Domus" und das klassisch ausgebildete Ensemble "stargaze" sorgten mit einer Bach-Kantate für einen interessanten Kontrast zum Pop-Feuerwerk des Vorabends.
Da glänzte zunächst der amerikanische Musiker Dan Deacon durch eine selbstlose Geste: Er unterbrach kurzerhand den Soundcheck seines Schlagzeugers, so dass auch die Zuhörer, die es nicht ins Spiegelzelt geschafft hatten, den furiosen Auftritt von "Ibeyi" via Leinwandübertragung genießen konnten. Die franko-kubanischen Zwillingsschwestern schienen wie durch ein unsichtbares Band verknüpft: Besessen von pulsierenden Rhythmen steigerten sie sich zu melodischen Höchstleistungen. Das Lied "River" mag an jenem Donnerstag zur Festivalhymne vieler Besucher geworden sein: Ein gewaltiger Groove trifft auf den beschwörenden Gesang der gerade mal 20 Jahre alten Naturtalente.
Nicht nur im Spiegelzelt wurde getanzt, Deacon sei Dank. Letztgenannter eröffnete seinen Auftritt mit der Gaga-Hymne "Crystal Cat", die auch ein gutes Beispiel für den elektrifizierten Klangwahnsinn seines Schöpfers markiert. Dan Deacon war definitiv ein Stimmungsmacher: Die Zuhörer hatten Freude am spontan initiierten Tanzwettbewerb und am kollektiven Händchenhalten.
Erwartungsgemäß sorgten auch "Bilderbuch" für Begeisterung. Die Wiener Band heimst seit ihrem Auftritt beim "Rock im Saal" dank Hits wie "Maschin" immer größere Erfolge ein. Frontmann Maurice Ernst fühlt sich in seinem Seidenhemd sichtlich wohl: Über den durchgestylten Sound seiner Band hauchte er eine Fülle amüsanter Unverschämtheiten. Sein "Wo samma, Haldern?" beantworteten die springfreudigen Fans mit frenetischem Jubel. Im Anschluss schmetterte Benjamin Booker seinen jugendlich-ungestümen Bluesrock unter die Leute, gefolgt vom eher unspektakulären Indie-Folk von "Someday Jacob".
Höhepunkt der hartgesottenen Feiergemeinde war mit Sicherheit der Late-Night-Auftritt von "Public Service Broadcasting". Mastermind J.Willgoose trug feinen Zwirn und präsentierte den einzigartigen Klang seiner fiktiven Rundfunkanstalt. Zu Projektionen historischer Filmaufnahmen feuerte er mit dem Schlagzeuger "Wrigglesworth" raffinierte Elektronika in die Menge.
Der Folgetag brachte neue Ohrenfreuden: Die in Haldern gut bekannten "Villagers" haben ihren Sound entschlackt und bezauberten das Spiegelzelt mit neuen und alten Liedern. Gute Laune herrschte auch vor der Hauptbühne. Die Festivalveteranen der "Intergalactic Lovers" stießen beim Halderner Publikum auf hervorragende Resonanz. "We are islands", schmetterten die Fans mit Frontfrau Lara Chedraoui beim gleichnamigen Indie-Hit.