Rees Die Geschichte einer kleinen Pfeifenfabrik

Rees · Die Eyland Pfeifenfabrik spezialisierte sich auf exquisite Modelle, keine Massenprodukte, und war damit bis 1970 sehr erfolgreich.

Oldenkott und Dobbelmann zählten einst zu den erfolgreichsten Tabak- und Pfeifenherstellern Europas. Jeder Reeser kennt diese beiden Aushängeschilder der Rheinstadt. Weniger bekannt ist die Eyland Pfeifenfabrik. Doch der Geschichtsverein Ressa erinnert in seinem aktuellen "Reeser Geschichtsfreund" (zwölf Euro im Buchhandel) an das Familienunternehmen der Eheleute Ernst und Elisabeth Lanius.

Ernst Lanius, Jahrgang 1932, stammte aus Oberwesel und war als Handelsvertreter für Dobbelmann tätig gewesen. Seine Frau Elisabeth, Jahrgang 1924, war die Tochter des ersten Reeser Nachkriegs-Stadtdirektors Heinrich Nienhaus. Sie arbeitete bei Dobbelmann in der Buchhaltung. Das Deutsche Patentamt stellte am 12. Juni 1963 eine Urkunde über die Eintragung des Warenzeichens "Eyland" mit der Nummer 792907 aus. Die neugegründete "Firma E. Lanius Rees/Rhein" wurde darin als "Großhandel mit Raucherbedarfsartikeln" beschrieben.

Den Namen Eyland hatten die Eheleute mit Bedacht gewählt: Einerseits erinnerte er an das Reeser Eyland, andererseits klang "Made by Eyland" ähnlich wie "Made in England". Denn Pfeifen, die aus England stammten, genossen in Deutschland einen sehr guten Ruf. Das Firmenlogo zeigte einen Stier und einen Steinbock. Das waren die Sternzeichen der Firmengründer.

Während die deutlich größere Firma Oldenkott auf Massenproduktion setzte, besetzte Ernst Lanius die Nische der exquisiten Pfeifenmodelle, die mit selbstentwickelten und nach eigenen Ideen verfeinerten Maschinen hergestellt wurden. Für die Produktion mietete er ein Wirtschaftsgebäude an der Weseler Landstraße an, das einst zum Müllerei- und Landwirtschaftsbetrieb der Mühle Rosenbaum gehörte. Die Postadresse der Fabrik lautete aber Grüner Weg 4. Dort wohnte die Familie Lanius mit den Töchtern Walburga und Carola in einem Mehrparteien-Mietshaus.

Große Warenhausketten wie Kaufhof nahmen die Eyland-Pfeifen in ihr Sortiment auf, Elisabeth Lanius verwaltete den Versand innerhalb Deutschlands und darüber hinaus. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit dem kleinen Unternehmen. In der Nacht vom 8. Januar 1970 kam es durch Verpuffung zu einem Großbrand in der Fabrik. Vereiste Straßen, zugefrorene Hydranten und ein starker Südostwind erschwerten die Löscharbeiten. Der Schaden betrug 120.000 Mark. Der Kaufhof und andere Großabnehmer boten dem Ehepaar Lanius ein Darlehen zu günstigen Konditionen an, doch ihnen fehlte der Mut für den Wiederaufbau. Die Familie zog nach Oberwesel. Dort arbeitete Ernst Lanius als Vertreter, zunächst für Dach- und Kaminaufsätze, später bei der Raiffeisen. Elisabeth Lanius betreute die Buchhaltung bei einem Architekturbüro. Parallel widmeten sich die Eheleute dem Weinbau und betrieben eine kleine Pension und Gaststätte.

Vor wenigen Jahren starben die Eheleute. Ihre Töchter leben heute in Ingolstadt und nahe der Loreley. Sie halten die Erinnerungsstücke, die den Brand der Pfeifenfabrik überlebt haben, in Ehren. In Vitrinen, Aktenordnern und Fotoalben finden sich Pfeifen, Musterstücke, kleine Werkzeuge, Prospekte, Rechnungen und Fotos. Der Kontakt nach Rees ist nie abgerissen, zumal dort Elisabeth Lanius' Schwester Rita wohnt. "Es wäre schön, wenn es irgendwann mal wieder Tabakpfeifen mit dem Namen Eyland gäbe", sagen Carola Lanius und ihre Schwester Walburga. "Für unsere Eltern wäre das eine große Ehre."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort