Emmerich Die Klever Millionenschätze von Flinck

Emmerich · Nachdem ein Gemälde des Rembrandt-Schülers aus Kleve in New York für 9,5 Millionen Euro versteigert wurde, erscheinen auch die beiden Gemälde aus der Klever Sammlung in einem neuen Licht. Beide sind ausgestellt.

Der Mann ist gut drauf, er scheint gerade erst in den Raum gekommen zu sein, hat noch den breitkrempigen Hut in der rechten Hand, die linke schaut unter dem schwarzen Cape hervor und hält den samtweichen, hellbeigen Lederhandschuh der anderen Hand. Ein wissend-süffisantes Lächeln umspielt den Mund des Herrn der gehobenen Gesellschaft. Die modische weiße Halskrause, die seinen Kopf zu tragen scheint, zeigt ihn als Mann des Barock, die Augen leuchten jung und frisch. 1640 malte der Klever Rembrandt-Schüler Govert Flinck Daniel Jonctys, Mediziner und Dichter aus Dordrecht (1610 bis 1654) in Öl auf eine 113 mal 91 Zentimeter große Leinwand. Er signierte und datierte sie oben links.

Das prächtige Bild ist seit 1962 im Besitz des Klever Museums, damals erworben vom ersten Museumsdirektor Dr. Friedrich Gorissen mit Hilfe des Kultusministers NRW. Sein Wert dürfte seit voriger Woche einen satten Sprung nach oben gemacht haben: Da wurde Flincks "Alter Mann an einer Brüstung" (wir berichteten) für die Rekordsumme von 9,5 Millionen Euro im New Yorker Rockefeller Center versteigert. In nur wenigen Jahren stieg der Preis des Bildes vom "Alten Mann" um das Dreifache, nachdem es erst vor wenigen Jahren, 2011, für 2,8 Millionen Euro unter den Hammer gekommen war. Bei diesen knapp drei Millionen Euro hatte das Auktionshaus Christie's den "Alten Mann" auch angesiedelt - und erzielt das Dreifache. Das dürfte damit das teuerste Werk eines Klever Künstlers sein, urteilte WDR-Niederlande-Korrespondent Ludger Kazmierczak unmittelbar nach der Auktion.

"Zwischen den beiden Versteigerungen lag die große Flinck-Ausstellung im Museum Kurhaus", sagt Kurhaus-Kuratorin Valentina Vlasic. Die habe - vor allem mit dem Katalog, an dem alle Flinck-Kenner vor allem aus den Niederlanden mitgearbeitet hatten - den barocken Maler nochmals ins reche Licht gerückt. Man sei auf ihn aufmerksam geworden. Auch in seiner Heimatstadt wurde der Barock-Künstler und Rembrandt-Schüler aus Kleve erst mit der Ausstellung 2015 einem breiten Publikum bekannt. Jetzt rückt er mit Preisen von knapp zehn Millionen Euro an die großen seiner Zunft heran.

Zu Recht: Das zeigen die beiden Flinck eindeutig zuzuordnenden Bilder in Kleve. Beide sind derzeit im Katharina-von Kleve-Saal zu sehen - auch wenn sie dort etwas unglücklich in der Reihe hängen und der Firnis das Fenster im Rücken des Betrachters spiegelt. Neben dem Mann von 1640 kaufte Gorissen Anfang der 1960er Jahre auch ein Flinck-Bild von 1657.

Dieses Gemälde zeigt eine ältere Dame, die schon etwas müde in Richtung Betrachter schaut. Die Frau ist belesen, hält die Brille und ein kostbares Buch in der Hand. Geht man auf das Gemälde zu und schaut genau hin, erkennt man, wie der Goldschnitt der Seiten des mit Schließen verzierten Buches in der Hand der Dame zu glänzen, regelrecht zu funkeln beginnen.

Die Dame sitz in einen Lehnstuhl, sie hat sich ein Kissen untergeschoben und trägt wohl ihre Mädchen-Kleider, wie Vlasic erklärt. Das sei damals eine Mode gewesen, sich im fortgeschrittenen Alter in den Kleidern der jungen Jahre abbilden zu lassen. Wie der Mann muss auch die Frau sehr wohlhabend gewesen sein - das Buch ist nicht nur Zeichen ihrer Belesenheit, sondern auch ihres Reichtums. Ganz abgesehen davon, dass es sich beide leisten konnten, sich von einem zu seinen Lebzeiten schon gefragten Künstler wie Flinck malen zu lassen. Beide Bilder zusammen dürften als Wert inzwischen wohl einen zweistelligen Millionenbetrag erreichen

In der Klever Sammlung sind auch noch drei weitere Gemälde, die zunächst als Bilder von Flinck galten oder ihm zumindest zugeschrieben werden: Da ist ein Amor, abgebildet als kleines Kind, von 1640, eine Dauerleihgabe des Bundesamtes für zentrale Dienste und Vermögensfragen, das nicht signiert und datiert ist. Ein anderes kleines Bild, das eine antike Szene mit "Merkur, Argus und Io" (so der Titel des Bildes) zeigt, wurde Flinck aufgrund einer zweiten Fassung des Gemäldes aus dem Besitz des Rijksmuseums Amsterdam zugeschrieben. Doch das Amsterdamer Bild, wie das vom Kurhaus auf Holz gemalt, kann nicht von dem Klever Maler stammen. Das Holz, auf das es gemalt wurde, stand 1660, dem Todesjahr Flincks, noch nicht zur Verfügung, wie es im Katalog heißt. Damit hatte das Klever Bild seine Zuschreibung verloren.

Das Gemälde "Joseph und Potiphars Frau" wurde zwar als Flinck Anfang der 1960er Jahre gekauft. Doch die Zuschreibung ist heute nicht mehr haltbar: Die Ausführung der Gesichter und Glieder, die Pinselführung entsprechen nicht dem, was man von Flinck kennt, urteilen die Fachleute.

Museum Kurhaus Kleve: Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr

(RP)
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