Gerüchte bei Facebook Der Wolf bei Emmerich - die Geschichte einer Falschmeldung

Emmerich · Eine falsche Nachricht kann sich im Netz rasend schnell verbreiten und plötzlich als wahr gelten. So wie die, dass ein Wolf bei Emmerich unterwegs sei und sogar schon Schafe getötet habe.

Gerüchte bei Facebook: Der Wolf bei Emmerich - die Geschichte einer Falschmeldung
Foto: Patrick Pleul

Bei Facebook kann jeder behaupten, was er möchte. Beweisen muss er nichts. Der jüngste Fall in der Gruppe "Du bist Emmericher, wenn..." macht deutlich, dass der Blick der Menschen auf Facebook besonders kritisch sein sollte. Denn es gibt Nutzer, die vielleicht einfach nur Aufmerksamkeit möchten. Immer wieder beliebt dabei: eine Wolf-Sichtung.

Am Donnerstagabend nach 22 Uhr war es so weit. In der Gruppe postete eine junge Frau (wir übernehmen die Rechtschreibung): "Im Raum Borghees ist wohl möglich ein Wolf unterwegs. Passt bitte auf euch auf ..."

Eine andere junge Frau wusste noch mehr: "Es wurden auch schon zwei Schafe gerissen." Was wiederum die Verfasserin der Nachricht zu der Ergänzung veranlasste: "Eine Frau wurde auf dem Fahrrad von einem großen hundartigen Tier verfolgt." Und sie schickte hinterher: "Kranke Wölfe sind alles andere als scheu. Kranke Wölfe verirren sich auch in Gebiete, in denen sie eigentlich nichts zu suchen haben."

Die Nachricht, dass ein Wolf in Borghees herumläuft, Tiere tötet und Menschen verfolgt, machte natürlich schnell die Runde. Bis nach Mitternacht kommentierten das Menschen, die es nicht ins Bett zog, sondern vor ihren Computer.

Die Debatte dauerte bis Freitagmittag. Am Ende war sich das Netz einig: Es gibt einen Wolf in Borghees. Die ersten Mitglieder der Gruppe machten bereits Vorschläge, wie man sich am besten verhält, wenn man ihm begegnet.

Es wurde munter diskutiert

Sie hatten sich zu diesem Zeitpunkt wohl so in Rage geschrieben, dass nur wenigen noch in den Sinn kam, was Stunden zuvor eine Teilnehmerin die Autorin gefragt hatte: "Woher wissen Sie das? Gab es schon einen Bericht im Internet oder Zeitung?"

Die Antwort war vielsagend. Die Info habe sie "unabhängig von verschiedenen Leuten". Und: "Mehr kann ich auch nicht dazu sagen. Keine Ahnung. Deswegen schrieb ich ja auch ,vermutlich'." Die meisten Teilnehmer der Gruppe gaben sich zu später Stunde damit zufrieden. "Danke für die Info", schrieben sie und spekulierten weiter. Einige veröffentlichten immerhin witzige Bilder und Sprüche: Ob das wohl wirklich wahr war?

Bei der Polizei ist nichts über die Sichtung eines Wolfes in Emmerich bekannt. Ebenso wenig, dass hier bereits zwei Schafe gerissen worden sein sollen. "Wenn es so wäre, wüssten wir das", so ein Sprecher der Polizei gestern.

NRW gilt als "Wolferwartungsland"

Dass eine Wolf-Sichtung bei Facebook immer wieder hochkommt, hat einen Grund. Im Frühjahr wurde zum ersten Mal tatsächlich eine Wölfin in der Dingdener Heide nachgewiesen. Das ist 50 Kilometer von Emmerich entfernt. Die Wölfin stammte laut genetischen Untersuchungen aus ostdeutschem Bestand. Kurz darauf postete der erste Emmericher schon ein Bild von einem Wolf, aufgenommen angeblich im Naturschutzgebiet Hetter. Als die RP bei ihm nachfragte, war das Bild rasch gelöscht, er nicht mehr erreichbar.

Donnerstag war daher wohl nicht der letzte Wolf-Alarm in Emmerich. Nordrhein-Westfalen gilt unter Fachleuten nämlich als "Wolferwartungsland". Der Wolf wird also wiederkommen. Ob real oder bei Facebook.

(ha)
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