Kommentar Die SPD: Der Sieger, der nicht mehr gewinnt

Emmerich · Die SPD stellt den Bürgermeister im Rathaus. Im Rat aber, wo die politischen Grundsätze entschieden werden, hat sie gegen die CDU keine Chance. Und gerade erst ist Ratsfrau Sandra Bongers zur CDU übergetreten. Folge: Die SPD regiert nicht, obwohl der mächtigste Mann der Stadt zu ihr gehört.

Im Fußball ist es eine alte Weisheit: Wer 1:0 vorne liegt und dann das zweite Tor nicht macht, läuft ziemlich schnell Gefahr, das Spiel am Ende doch noch zu verlieren.

In der Emmericher Politik läuft gerade genau das ab. Als im September 2015 die Emmericher SPD mit einem Sensationssieg Johannes Diks als CDU-Bürgermeister im Rathaus ablöste, waren die Sozialdemokraten glücklich. Erstens hatten sie (und sonst auch niemand) nicht damit gerechnet, dass Peter Hinze den Amtsinhaber mit einem so deutlichen Ergebnis vom Platz fegt. Und zweitens verknüpfte sie damit natürlich die Hoffnung, in den nächsten fünf Jahren die Politik in der Stadt zu bestimmen. Oder doch zumindest im Rathaus derart den Ton anzugeben, dass sozialdemokratisch geprägte Entscheidungen sichtbar werden.

Seither sind eineinhalb Jahre vergangen. Und die SPD ist längst nicht mehr siegessicher. Im Gegenteil: Die Sozialdemokraten spüren, dass sie gar nicht mehr das Spiel bestimmen. Das macht mittlerweile die CDU. Und die ist in diesen Tagen noch stärker geworden. Sandra Bongers ist im Rat zu ihr herübergewechselt, nachdem sie vor einigen Monaten die BGE verlassen hat.

Damit hat die CDU jetzt 14 Sitze im Rat. Die SPD kommt auf zehn. Die BGE hat fünf, die Grünen haben zwei. BSD.NRW und Linke jeweils einen Sitz. Die AfD hat ebenfalls einen Sitz. Und Peter Hinze hat zudem in vielen Fällen Stimmrecht.

Das heißt, dass die SPD sich immer eine Mehrheit suchen muss, wenn sie etwas durchsetzen will. Idealerweise klappt das mit der CDU. Das haben beide Ratsfraktionen Jahre so gemacht. Doch die CDU will der SPD den Weg zu mehr Macht in der Stadt nicht durch ihre Mithilfe noch erleichtern. So hat sie zum Beispiel mit der BGE die Erhöhung der Grundsteuer B verhindern, die die SPD vorgeschlagen hatte. Das war eine Machtdemonstration der CDU.

Wer bleibt für die SPD also noch? Die BGE? Das ist ein schwieriger Verhandlungspartner. Die Grünen? Die stimmen auch immer gerne mal gegen die SPD. Linke und BSD? Die Gemeinsamkeiten sind überschaubar. AFD? Das will niemand.

Fazit: Der SPD wird es in den nächsten Jahren nicht gelingen, eine breite Mehrheit für ihre Vorschläge im Rat zu organisieren. Dazu müssten sie neben einigen der kleinen Fraktionen auch immer die BGE ins Boot holen. Und wenn CDU und BGE weiterhin in wichtigen Fragen gemeinsam marschieren, hat die SPD überhaupt keine Chance, politisch etwas zu bewegen.

Was den Sozialdemokraten folglich bleibt mit Blick auf die nächsten Wahlen im Herbst 2020, ist die Arbeit an der Basis (wie in Elten beispielsweise) und das Vertrauen darauf, dass die Wähler beim nächsten Mal aus Sympathie zu Peter Hinze ihr Kreuzchen bei der SPD machen. Hinzes Werte in der Bevölkerung sind schließlich gut. Tritt er in knapp vier Jahren noch mal an, wird das für die CDU eine Herausforderung.

Und noch etwas: Muskelspiele im Emmericher Rat werden der CDU bei der nächsten Wahl nichts nutzen. Sie ist jetzt zwar deutlich stärkste Fraktion. Aber was hilft ihr das, wenn sie niemanden hat, dessen Gesicht für die Emmericher CDU steht und den sie als Bürgermeister-Kandidat aufs Schild hebt? Ihr Fraktionschef Matthias Reintjes wäre der richtige Mann für den Job. Aber er ist noch nicht mal 30 Jahre alt. Wo mag er beruflich im Jahr 2020 stehen?

Deshalb gilt ebenso für die CDU wie für die SPD: Das Spiel ist erst zuende, wenn der Wähler es abgepfiffen hat.

(RP)
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