Emmerich "Eine gefährliche Scheinwelt"

Emmerich · Der Eurovision Songcontest ist seit dem Erfolg von Lena Meyer-Landrut wieder zu einem echten Medienereignis geworden. Angie Damschen hat diesen Rummel selbst erlebt. Als Mitglied der Gruppe "Wind" nahm sie 1998 an der Vorentscheidung für den Grand Prix teil.

Lenas Empfang in Oslo
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Angie Damschen arbeitet heute für die Rockschule, die Filialen in Rees und Emmerich hat. Was sie in der Schlagerwelt erlebte schildert sie RP-Redakteur Sebastian Latzel.

Eine Frage bewegt alle Fans vor dem Fernseher immer besonders: Wird tatsächlich live gesungen?

Damschen Ja, der Gesang der Gruppe ist live, das ist auch immer deutlich zu hören. Vom Band kommt dagegen die Musik und teilweise wird auch der Chorgesang vom Band zugespielt.

Wie kam es damals dazu, dass Sie mit "Wind" an der Vorentscheidung teilgenommen haben?

Damschen Ich hatte Andreas Lebbing von "Wind" getroffen, der mir anbot, bei der Band einzusteigen. Die kannte ich natürlich, weil sie beim Grand Prix ja recht erfolgreich war und sogar einmal den zweiten Platz belegt hatte. Schlager war zwar eigentlich nicht meine Welt. Ich habe mir aber gedacht: Studioerfahrung hast du, hier bekommst du auch noch Fernseherfahrung.

In der Vorentscheidung hat es dann nicht gereicht, Guildo Horn siegte.

Damschen Genau, das war von Anfang an abzusehen. Um ihn und Stefan Raab gab es damals einen Riesenrummel. Raab war echt witzig, der ist da hinter der Bühne auf Riesen-Plateau-Schuhen rumgelaufen und Komponist Ralph Siegel hat zu viel gekriegt.

Hat Ihnen die Grand-Prix-Erfahrung bei Ihrer späteren Karriere geholfen?

Damschen Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass ich damals einiges falsch gemacht habe. Ich war ja nur zwei Jahre Mitglied bei "Wind". Aber ich konnte Business und Privatleben einfach nicht trennen. Wir waren nur unterwegs, haben bis spät abends mit Kollegen aus der Branche an der Hotelbar gesessen, ohne Alkohol. Das war alles eine Scheinwelt. Vieles, so habe ich festgestellt, ist da nur Heuchelei. Viele Künstler, die erfolgreich waren, sind heute kaputt. Ein Beispiel "Michelle". Sie hatte in jungen Jahren Erfolg. So was verpackt man als junger Mensch nur schlecht. Man bekommt Höhenflüge, gibt viel Geld aus, wenn man dann keine Familie hat, die einen wieder zurück in die Realität holt. Gefährlich!

Wie sehen Sie die Entwicklung des Grand Prix?

Damschen Er ist nicht mehr das, was er einmal war. Die Frisuren werden immer verrückter, die Kostüme immer ausgefallener und von der Qualtität der Songs mag ich garnicht erst sprechen!

Auch beim Beitrag von Lena Meyer-Landrut?

Damschen Ja, leider auch bei ihr. Ich drücke ihr natürlich fest die Daumen. Aber ich finde den Song nicht besonders gut. Ich hätte mir einen tiefgründigeren Text gewünscht, mit mehr Emotion und ausdrucksstärkeren Gesang. Haben Sie "Satellite" mal übersetzt? Das ist ein belangloses Liebeslied. Da hätte ich mir von Stefan Raab mehr versprochen.

Wie wichtig ist ein gutes Abschneiden für die spätere Karriere von Lena?

Damschen Mit einem schlechten Ergebnis wird sie es international sicher schwerer haben. Ich denke aber, dass sie sich auf dem deutschen Markt auch behaupten kann, wenn sie in Oslo nicht vorne landet. Dafür ist sie inzwischen einfach zu populär und hat Stefan Raab im Nacken, der gibt nicht so schnell auf! Aber wer weiß, vielleicht kann sie sich ja auch gut platzieren, der Grand Prix ist unberechenbar. Und Lena ist ein junges, ausgeflipptes Mädchen, das durch die Promo im Radio und Fernsehen schon viele Fans hat. Der Grand Prix ist ein Talentwettbewerb, nur wo sind die wirklichen Talente geblieben?

Hier geht es zum " target="_blank">Video von "Wind" von 1998

(RP)
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