"Cold Water Challenge" in Isselburg Staatsanwaltschaft ermittelt nach tödlicher "Cold Water Challenge"

Isselburg · In Isselburg ist ein 34-Jähriger bei einer sogenannten "Cold Water Challenge" von einer Baggerschaufel erschlagen worden. Sein Kegelclub wollte auf Video festhalten, wie sich die elf Männer von 2000 Liter Wasser übergießen lassen.

Die Netzreaktionen zum Unglück bei der "Cold-Water-Challenge"
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Foto: Schulmann

Es sollte ein großer Spaß unter Freunden werden: Am Dienstagabend wollte sich ein Isselburger Kegelclub für ein Internet-Video von einem Bagger mit 2000 Litern Wasser nass machen lassen. Doch die Aktion ging schief: Als der Fahrer des Baggers die Schaufel in die Höhe manövrierte, verlor das Fahrzeug den Halt und kippte nach vorne. Die Schaufel schlug aus etwa sechs Metern Höhe auf dem Biertisch auf, an dem der Kegelclub auf einem Feld saß. Von den elf Personen am Tisch wurden sechs Männer erfasst. Ein 34-jähriger Familienvater erlitt tödliche Verletzungen. Einen schwer verletzten 32-Jährigen flog der Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik, die vier weiteren Verletzten kamen in umliegende Krankenhäuser. Der Fahrer des Baggers wurde ebenfalls von einem Arzt behandelt.

Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei ermitteln wegen fahrlässiger Tötung. Es habe sich um eine höchst gefährliche Situation gehandelt, erklärt Frank Rentmeister, Sprecher der Polizei Borken. Hintergrund des Treffens war eine so genannte "Cold Water Challenge" (Kaltwasser-Herausforderung). Dabei filmen sich die Teilnehmer bei Aktionen, die mit kaltem Wasser zu tun haben, und stellen Videos davon anschließend ins Internet. Verschiedene Gruppen fordern sich gegenseitig dazu auf, man hat 24 Stunden Zeit zu reagieren. Wer sich dem Wettstreit nicht stellen will, muss den Verein, von dem er nominiert wurde, zur Grillparty einladen.

Der Trend stammt aus den USA und schwappte vor allem über die Feuerwehren nach Deutschland, er ist besonders im Münsterland verbreitet. Inzwischen beteiligen sich auch Vereine, Clubs und andere private Gruppen. Auch Redaktionen unserer Zeitung waren von lokalen Gruppen herausgefordert worden, allerdings waren das harmlose Aktionen. In Isselburg hatte sich erst einige Tage zuvor der Fanclub "Werther Knappen" einer Wasser-Wette gestellt. Die Schalkefans aber beließen es dabei, sich mit Wasserballons zu bewerfen. "Solche Aktionen sind Privatveranstaltungen und nicht genehmigungspflichtig. Daher können wir nur an die Vernunft aller appellieren, an die Folgen zu denken und Risiken zu vermeiden", sagt der Borkener Polizeisprecher.

Generell verbieten kann man die "Cold Water Challenges" nicht, weiß der Sprecher der Feuerwehren in NRW, Christoph Schöneborn. "Die Erstellung solcher Videoclips ist dem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Das hat nichts mit der Feuerwehrtätigkeit zu tun." Laut der Unfallkasse NRW besteht kein Feuerwehr-Unfallversicherungsschutz. Anfang Juni habe der Verband in Absprache mit dem Innenministerium ein Schreiben an alle Feuerwehren herausgegeben, in dem über die rechtliche Situation aufgeklärt und für den umstrittenen Trend sensibilisiert wird. "Anfangs war es eine lustige Idee, doch durch den massiven Wettbewerb wurden die Aktionen immer waghalsiger und gefährlicher." Ende Juni waren in Mettingen, ebenfalls im Münsterland, neun Menschen bei einem Videodreh verletzt worden, als sie sich in einem mit Wasser gefüllten Muldenkipper von einem Traktor ziehen ließen. Durch die Wellenbewegung gerieten sie unter Wasser und prallten gegen die Wände.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) appellierte "an den gesunden Menschenverstand, sich und andere nicht in Gefahr zu bringen" und solche Aktionen zu unterlassen. Er habe den Eindruck, dass die "nötige Einsicht" bei den Feuerwehren inzwischen vorhanden sei. Es gebe genügend Wettkampfmöglichkeiten, um sich in Leistungsfähigkeit, Geschick und Wissen zu messen.

In Dorsten hat der Leiter der Feuerwehr, Andreas Fischer, bereits im Juni alle Videos aus dem Internet löschen lassen - Protesten zum Trotz. Sie würden "nicht der Einsatzbereitschaft der Freiwilligen Feuerwehr in Dorsten entsprechen". Die Feuerwehr sei Teil der Verwaltung der Stadt Dorsten und müsse entsprechend nach außen dargestellt werden. Das sieht auch sein Kollege aus Borken so. "Wenn man sich die Videos ansieht, besteht dabei teilweise die Gefahr, dass die Feuerwehr der Lächerlichkeit preisgegeben wird", sagt Johannes Thesing, Kreisbrandmeister von Borken, zu dem auch Isselburg gehört.

Die Staatsanwaltschaft hat das Video beschlagnahmt. Der stellvertretende Bürgermeister von Isselburg hat sich an alle Vereine und Verbände mit der Botschaft gewandt, aus Respekt vor den Angehörigen des Toten solle mit diesen Aktionen in Isselburg nun Schluss sein. Im Internet fordern ehemalige Teilnehmer der Aktionen und andere Bürger, die Filme zu entfernen.

(RP)
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