Farbenspiel in der Dorfkirche Mehr Farbenspiel in der Dorfkirche Mehr

Rees · Wenn an Ostern im Evangelium die Stelle von der Auferstehung Jesu vorgelesen wird, geht in der evangelischen Dorfkirche in Mehr ein wahres Lichtspiel los. Grund dafür: die prächtigen, farbigen Fenster, die sich bei Sonneneinstrahlung vielfach spiegeln. "Im Idealfall ist es so, dass die Sonne an Ostern genau an dieser Stelle aufgeht", berichtet Pastor Erwin Krämer. "Dieses Jahr ist Ostern aber sehr spät und die Sonne wird zu dieser Zeit schon aufgegangen sein."

 Farbige Akzente werden bei richtigem Lichteinfall in der evangelischen Dorfkirche in Mehr gesetzt.

Farbige Akzente werden bei richtigem Lichteinfall in der evangelischen Dorfkirche in Mehr gesetzt.

Foto: Markus van Offern

Jedes Jahr beginnt der Ostergottesdienst um 6 Uhr im Dunkeln vor der Kirche. "Dann wird zunächst die Osterkerze entzündet. Die erste Hälfte des Gottesdienstes findet dann im Dunkeln statt", beschreibt der Pastor. Nach Sonnenaufgang spiegeln sich die grafischen Motive an den weißen Wänden, im Boden und an den Bänken und tauchen die sonst eher schlicht gehaltene Kirche in Regenbogenfarben.

"Das Besondere an den Fenstern ist, dass sie keine christlichen Motive enthalten", weiß Pastor Krämer. Das farbige Glas ist für eine reformierte Kirche wie die in Mehr generell ungewöhnlich: "Eigentlich findet man in reformierten Gotteshäusern keinerlei Verzierungen, nicht mal Kerzen." Die Mehrer Kirche sei aber keine rein reformierte Kirche mehr. Das habe sich nach dem Zweiten Weltkrieg so entwickelt. "Kirche ist auch Erfahrungsraum. Das Wort Gottes soll mit allen Sinnen aufgenommen werden."

1985 wurden die Fenster im Zuge von Renovierungsarbeiten eingebaut. Entwickelt worden waren sie von Erich John aus Krefeld. Eine Beschreibung und Deutung seiner Fenster hat der Künstler jedoch nicht hinterlassen, ebenso fehlt ein Name. "Leider existiert keine schriftlich festgehaltene Bedeutung. Ich vermute, das war üblich für diesen Künstler. Das ist aber gerade auch das Faszinierende an den Fenstern, dass die Deutung offen bleibt. Sie leben vom Farbspiel und sprechen für sich. Man braucht eigentlich nicht viel zu sagen", meint Erwin Krämer.

Für ihn persönlich stellen die Glasfenster die wunderbare Schöpfung Gottes dar, die in verschiedensten Farben aufleuchtet: "Das sind die Farben, die auch das Leben der Menschen durchziehen." Was der Künstler sich bei seinem Werk gedacht hat, das ist auch eine Frage, die dem Pastor oft von Besuchern gestellt wird. Im Sommer wird die Kirche ab und zu für Fahrradgruppen und Besucher geöffnet. "Für die Aktion ,offene Kirche' suchen wir noch dringend neue Mitstreiter."

Das Besondere an der Mehrer Dorfkirche ist neben dem bunten Lichtspiel auch das Engagement der Gemeinde. "Wir machen sehr viel selber. So haben beispielsweise Presbyter die Wege vor der Kirche gepflastert und das Taufbecken gestaltet. Im Moment werden die Bänke renoviert. In jeder Bank stecken ungefähr 80 Arbeitsstunden", erzählt der Pastor.

Wer das Lichtspiel in der Kirche in Mehr an der Heresbachstraße live erleben möchte, ist herzlich zu den Gottesdiensten rund um Ostern eingeladen: An Gründonnerstag fand bereits ein meditativer Gottesdienst statt, organisiert von der Diakonin Gudrun Krämer und der Frauengruppe. Im Anschluss gab es eine Gründonnerstagssuppe, zubereitet von der Küsterin. "Da passte der Spruch: Gottes Wort mit allen Sinnen erfahren noch mal sehr gut", meint Krämer. "Die Grünkernsuppe war sehr lecker und wir wollten damit Abendmahl feiern, wie Jesus es mit seinen Jüngern gemacht hat. Da gab es auch nicht nur Brot und Wein."

Am Ostersonntag beginnt der Gottesdienst in Mehr bereits um 6 Uhr vor der Kirche, um 11 Uhr findet in Mehrhoog dann noch ein Familiengottesdienst mit Taufe, Abendmahl und anschließendem gemeinsamen Mittagessen statt.

(jule)
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