Emmericher Fungarden-Prozess Geheime Notiz: „1500,- ungarische Mädchen“

"Fungarden"-Prozess: Der wichtigste Zeuge der Anklage erläuterte verräterische Details der inoffiziellen Buchführung.

Razzia in Bordellen in Emmerich
6 Bilder

Razzia in Bordellen in Emmerich

6 Bilder

Zufällig an einer Tankstelle habe er Esed D. kennengelernt, berichtete Ali E. (40) vor dem Landgericht. Als Maurer habe er gefragt, ob er ihm eine Terrasse bauen könne. Aus dieser Begegnung wurde eine Geschäftsbeziehung, die den Handwerker zunächst als Fachkraft für den Bereich Sicherheit in das Bordell "Villa Auberge" führte und die dann zumindest finanziell eine geradezu märchenhafte Wendung nahm, als Esed D. ihm anbot, als Mitbetreiber in sein neues Etablissement "Fun Garden" einzusteigen.

Der Betreiber der Bordelle "Fungarden" und "Villa Auberge" und seine Lebensgefährtin müssen sich vor Gericht verantworten. Die Vorwürfe: Menschenhandel, Steuerhinterziehung, Einschleusung und Urkundenfälschung.

Bordell machte 77.000 Euro Umsatz

Esed D. und Ali E. vertrauten sich blind. Doch am Freitag der vergangenen Woche traten sich die Geschäftsmänner vor dem Landgericht Kleve mit neu verteilten Rollen entgegen: Esed D. (53) und seine Lebensgefährtin Olga G. (40) sind im "Fun-Garden"-Prozess die beiden Angeklagten, denen langjährige Haftstrafen drohen. Ali E. ist der wichtigste Zeuge der Anklage.

Mit Hilfe des Zeugen vertiefte sich die Neunte Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Christian Henckel in die Buchführungsunterlagen, die den Fahndern bei der Durchsuchungsaktion am 29. März 2012 in die Hände fielen — und die mit Sicherheit nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.

Aus den Aufzeichnungen, die per Beamer an die Wand des Saals A110 in der Klever Schwanenburg geworfen werden, ließ sich beispielsweise rekonstruieren, dass Ali E. sich mit 30 000 Euro am "Fun Garden" beteiligte. An einem exemplarisch analysierten Monat machte das Lokal rund 77 000 Euro Umsatz. Davon zweigten sich Esed und Ali jeweils 10 000 Euro ab.

"Wir haben halbe-halbe gemacht", so Ali. "Jeder sollte 10 000 Euro im Monat bekommen. Mal waren es mehr, mal weniger." Ein guter Lohn für eine Arbeit, die Ali selbst so beschrieb: "Ich habe jeden Tag im Büro gesessen und auf die Bildschirme der Überwachungskameras geschaut. Und jeden Abend habe ich die Kasse gemacht."

Neben den Zahlen, die die finanziellen Dimensionen des Geschäfts umreißen, finden sich in den Aufzeichnungen auch verräterische Randnotizen, die zumindest als starke Indizien dafür gewertet werden können, dass neben den angeklagten Steuer- und Abgabevergehen auch ein schwunghafter Menschenhandel zum Geschäft des "Fun Gardens" gehörte. So ist in der Spalte "Ausgaben Esed" einmal ein Eintrag "Ticket Kiew 500 Euro" notiert. Kommentar Ali: "Das war bestimmt fürs Personal, also für die Mädchen."

Auf einem weiteren losen Zettel, der den Fahndern in die Hände fiel, steht die Zeile "1500,- ungarische Mädchen". Zur Bedeutung dieser Notiz befragt, erklärte Ali: "Das Geld haben wir dann dem gegeben, der die gebracht hat." Am Anfang seien alle Mädchen auf diese Weise in den "Fun Garden" gelangt, später seien auch welche aus eigener Initiative gekommen.

Wie viele Mädchen denn insgesamt so in dem Club tätig gewesen seien? Ali: "Grob gerechnet, so 700 Mädchen waren da."

Das Verfahren wird am Dienstag, 9 Uhr, fortgesetzt.

(top)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort