Rees "Genießen Sie Ihr Leben!"

Rees · Beim Frühjahrsempfang der Lebenshilfe Unterer Niederrhein standen neben Formalitäten auch unterhaltsame Punkte auf dem Programm. Pfarrer und Kabarettist Rainer Schmidt brachte nicht nur zum Lachen, sondern machte auch Mut.

 Der evangelische Pfarrer und Kabarettist Rainer Schmidt präsentierte beim Frühjahrsempfang Auszüge aus seinem Programm "Däumchen drehen".

Der evangelische Pfarrer und Kabarettist Rainer Schmidt präsentierte beim Frühjahrsempfang Auszüge aus seinem Programm "Däumchen drehen".

Foto: Michael Scholten

"Nicht alle unsere Wünsche sind in Erfüllung gegangen, aber vieles wurde erreicht." So bilanzierte Werner Esser, Vorstandsvorsitzender der Lebenshilfe Unterer Niederrhein, die Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, kurz Bundesteilhabegesetz. Beim Frühjahrsempfang, zu der die Lebenshilfe 280 Gäste nach Groin eingeladen hatte, dankte Esser insbesondere den Landes- und Bundespolitikern der Region, die sich in Düsseldorf und Berlin für die Rechte der Menschen mit Handicap eingesetzt und die Ziele der Lebenshilfe unterstützt haben.

Der Vorstandsvorsitzende äußerte sich auch zu den Missständen, die das RTL-"Team Wallraff" vor fünf Wochen in einigen Werk- und Wohnstätten aufgedeckt hat: "Ich bin dankbar, dass diese menschenverachtenden Vorfälle gezeigt und geahndet wurden." Zugleich müsse aber betont werden, dass nahezu alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der Lebenshilfen in Deutschland "ohne Fehl und Tadel" arbeiten. In diesem Zusammenhang erinnerte Esser daran, dass die Lebenshilfe Unterer Niederrhein zu den größten Arbeitgebern der Region zählt. Aktuell arbeiten mehr als 700 Festangestellte in fast 30 Einrichtungen, darunter die Werkstätten für 886 Menschen mit Handicap in Groin, Wesel und Alpen-Veen sowie sechs inklusive Kindertagesstätten.

Herbert Frings, Geschäftsführer der Lebenshilfe NRW, verlieh Prof. Dr. Dietrich Berdel die silberne Ehrennadel. Der frühere Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin am Marien-Hospital in Wesel gehörte seit 1990 als erster Mediziner dem Vorstand der Lebenshilfe Unterer Niederrhein an. Wer sein Nachfolger wird, will die Lebenshilfe in naher Zukunft bekanntgeben.

Geschäftsführerin Verena Birnbacher und Sven Novak, stellvertretender Vorsitzender des Lebenshilfe-Rates, blickten auf die Aktivitäten des Jahres 2016 zurück: So habe sich der Rat dafür entschieden, den oft als Schimpfwort empfundenen Begriff "Behinderung" durch das neutrale Wort "Handicap" zu ersetzen. Außerdem sei der Jahresbeitrag des Vereins Lebenshilfe Unterer Niederrhein für alle Mitglieder mit Handicap von bislang 30 auf 15 Euro gesenkt worden.

Davina Möllenbeck, die amtierende Rheinkönigin der Stadt Rees, führte durch das Programm des Frühjahrsempfangs. Der Vorstandsvorsitzende Werner Esser lobte die junge Frau mit Down-Syndrom als "Mutmacherin", von deren lebensfroher Ausstrahlung die Lebenshilfe und die Stadt Rees profitierten. Davina Möllenbeck unterstützte den Chor der Lebenshilfe, der gemeinsam mit dem Halderner Chor "Best Age" für den musikalischen Rahmen des Abends sorgte.

Der evangelische Pfarrer und Kabarettist Rainer Schmidt präsentierte abschließend Ausschnitte aus seinem Bühnenprogramm "Däumchen drehen". Schmidt wurde 1965 ohne Unterarme geboren, weshalb er zum "Mundwerker statt Handwerker" wurde. Witzig und zugleich eindrucksvoll schilderte der mehrfache Europa- und Weltmeister im Tischtennis skurrile Alltagsszenen, wie seine Umwelt mit ihm umgeht. Frei nach dem Motto: "Keine Hände - keine Langeweile!" Schmidt sagte den Menschen mit Handicap im Saal: "Sie können so viel Spaß haben, wenn Sie außergewöhnlich sind. Genießen Sie Ihr Leben!"

Zugleich bewies er, wie absurd es ist, die Bevölkerung in "Menschen mit und ohne Behinderung" aufzuteilen. Würde er nach diesen Kriterien die Besucher seiner Gottesdienste unterscheiden, wäre es auf der "nicht-behinderten" Seite der Kirche ziemlich leer, da er Brillen und Zahnplomben selbstverständlich als Prothesen einstufe.

(RP)
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