Emmerich Gewaltiges Heerlager wiederentdeckt

Emmerich · Sonderausstellung im Eiskeller Diersfordt: Spuren, die Moritz von Oranien 1620 zwischen Bislich und Flüren hinterließ.

 Exakt wie ein Luftbild gibt das Flugblatt die Machtdemonstration des Jahres 1620 wieder. In der Mitte ganz oben bei Ziffer 5 einige Schanzen, die heute noch im Wald zu finden sind.

Exakt wie ein Luftbild gibt das Flugblatt die Machtdemonstration des Jahres 1620 wieder. In der Mitte ganz oben bei Ziffer 5 einige Schanzen, die heute noch im Wald zu finden sind.

Foto: Rijksmuseum Amsterdam

Der kleine Heimatverein der Herrlichkeit Diersfordt hat wieder einmal Großes geleistet. Im Eiskeller am Schloss läuft die Ausstellung "20.000 Soldaten und 400 Schiffe vor Wesel". Das Ereignis von 1620, das viermonatige Heerlager von Moritz von Oranien, ist Historikern bekannt. Neu aber ist, dass es heute noch Spuren davon gibt. So geht es nun einerseits um die Wiederentdeckung der Befestigungen im Unterholz des Waldes zwischen Bislich und Flüren. Andererseits wird das besondere Kapitel Stadtgeschichte aus dem großen 80-jährigen Krieg neu beleuchtet.

Peter Bruns und Bernd von Blomberg ist diese feine Schau zu verdanken. Ein Jahr dauerte allein die Vorbereitung der Ausstellung. Los ging die Recherche schon deutlich früher, als Bruns auf digitalen Reliefkarten zwei kleine Rechtecke und einige Linien entdeckte, denen er auf den Grund ging. Die moderne Technik, die Archäologen heute so vieles ermöglich, offenbart den blanken Boden - ohne Bewuchs und ohne Gebäude. Auf dem hatten die Truppen der niederländischen Generalstaaten vor 400 Jahren mit enormem Aufwand eine Machtdemonstration vor Wesel veranstaltet, das von den Spaniern besetzt war.

Und wieder kommen Karten ins Spiel. Exakt wie heutige Luftbilder sind die Zeichnungen, die Oberbefehlshaber Prinz Moritz damals von seinem Heerlager anfertigen ließ. Legt man sie auf die digitalen Werke von heute, so sind sie deckungsgleich. Das Schöne: Die Zeichnungen von 1620 zeigen alles mit Mann und Maus. Die Details sind durchnummeriert, in einer riesigen Legende lässt sich unter der jeweiligen Ziffer dann nachlesen, wer mit wie viel Mann in welchem Zelt lag. Damit nicht genug: Pferde, Kanonen, Musketen, Kugeln, Pulver, Wagen, Schiffe und ihre Ladung - grundsätzlich alles ist mit Mengenangaben aufgelistet. Das Ganze ging als Flugblatt in Druck, damit in Europa jeder erfuhr, dass mit den Niederländern nicht zu spaßen ist. Obendrein wurde der Gesandte Venedigs, Girolamo Trevisano, mit größtem Pomp, Prunk und Paraden empfangen. Im Gegensatz zu anderen hatte die Serenissima von der Adria die Niederländischen Generalstaaten (Holland, Zeeland, Groningen, Utrecht, Friesland, Gelderland und Overijssel) bereits anerkannt.

Kurz: Es war wieder einmal Weltpolitik, die sich da vor den Mauern Wesels abspielte. Die Zusammenhänge werden ebenso erklärt wie die Folgen einer kriegerischen Auseinandersetzung. "Was Wesel erspart blieb" zeigen am Ende Darstellungen zu den Belagerungen von Jülich 1621/1622 und Geldern 1703.

Prädikat: äußerst sehenswert.

(RP)
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