Emmerich Herausforderung an alle Sinne

Emmerich · Mit Thomas Lüer hat das Museum Goch einen Videokünstler für eine Ausstellung gewinnen können, der dem Betrachter einiges mehr als nur "Sehen" abverlangt.

 Die Rauminstallation "Helix" spielt mit der Spiegelung von Licht auf metallener Struktur. Der Betrachter kann sich nur schwer orientieren.

Die Rauminstallation "Helix" spielt mit der Spiegelung von Licht auf metallener Struktur. Der Betrachter kann sich nur schwer orientieren.

Foto: Evers

Eine Form der Wahrnehmung ist das Sehen. Zum Beispiel beim Betrachten von Malerei, in die man sich versenken kann. Wer schon in den kommenden Tagen das Museum Goch besucht, kann gleich zweierlei Arten von Wahrnehmung erleben. Zum einen kann er die Gemälde von Norbert Schwontkowski ("Dem Tod ins Gesicht gelacht") studieren, zum anderen sich einem etwas sperrigeren Thema stellen - der Videokunst von Thomas Lüer. Dabei ist es bei "Input / Output" mit Schauen und Empfinden nicht getan. Lüer fordert all unsere Sinne heraus und stellt uns vor ziemlich schwierige Prüfungen: Was ist echt, was Fiktion? Gibt die Physik Antworten, wollen und können wir glauben, was wir da sehen? Die reale und die virtuelle Welt verschwimmen.

Thomas Lüer ist ein 1971 in Leipzig geborener Künstler, der heute in Frankfurt am Main lebt und arbeitet. Im dortigen Museum für Kommunikation hat Gochs Museumsdirektor Stephan Mann eine Arbeit gesehen, die ihn tief beeindruckt hat: die Videoinstallation "Pendulum". Die Projektion eines in einem langen Schacht vor und zurück schwingenden Pendels, in dem sich der Betrachter sieht, wird zwar in Goch nicht gezeigt, das Thema aber kehrt auch in anderen Werken wieder. Was ist wahr, was Bild und was Abbild, erleben wir eine Spiegelung oder eine Simulation? Man darf sich ruhig an das erinnern, was man mal im Physikunterricht gelernt hat. Obwohl das nicht unbedingt weiterhilft beim "Verstehen" dessen, was Thomas Lüer den Betrachtern vorsetzt. "Er ist sehr technikaffin, nutzt hochkomplexe Computerprogramme, arbeitet auch mit digitalen ,Abfallprodukten', die zum Beispiel in der Autoindustrie anfallen", erzählt Mann. Fast wie Versuchsanordnungen in einem Labor erscheinen seine Arbeiten. Die Rauminstallation "Helix" ist eine Skulptur in einem dunklen Würfel. Schraubenartig gedreht, zusammengesetzt aus spiegelnden Vierkantmetallen, in denen sich der Rezipient, der durch eine Öffnung in der Box schaut, wahrnimmt. Es ist allerdings nur ein kurzer Moment des Erkennens, der gleich wieder vergeht. Ganz ähnlich bei der Videoinstallation "Spin": Da kauern zwei Frauen in grell ausgeleuchteten Gängen eines Labyrinths, in das wir manchmal hineinblicken können, meistens aber nicht. Die Bewegung ist für unser Gehirn zu schnell, die Störungen bei Licht und Perspektive verhindern das Erkennen.

Kreisförmig angeordnete Zylinder, in denen Lichtimpulse zucken, fordern ein Nachdenken über Zufall, Regeln, Strukturen. Aber ein echtes Muster im Blinken dieser oder jener Stele gibt es wohl nicht; der Computer gibt vor, wo das Licht erscheint.

Die Ausstellung ist zu sehen bis zum 5. November. Di bis Fr 10 bis 17 Uhr, Sa und So 11 bis 17 Uhr

(RP)
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