Rees Judith (21) nimmt Abschied von Kambodscha

Rees · Die Reeserin nahm es mit Fröschen in der Wohnung und Fischsuppe zum Frühstück auf und sammelte einmalige Erfahrungen.

Durch ihr Studium der Sonderpädagogik in Köln lernt Judith Tosberg die unterschiedlichen Facetten europäischer Schulsysteme kennen. Bei einem Auslandspraktikum im asiatischen Königreich Kambodscha erhielt die Reeserin jetzt Einblicke in eine völlig andere Kultur. "Ich wollte eine neue Schulform kennenlernen und meinen Horizont erweitern", sagt die 21-Jährige, die gezielt nach einem Einsatzort in Asien oder Afrika suchte.

Erste Angebote professioneller Agenturen, die freiwillige Helfer an Projekte in Entwicklungsländer vermitteln, sollten stolze 3000 bis 4000 Euro kosten. Zu teuer! Doch über private Kontakte stieß Judith Tosberg auf ein Projekt des Münchner Rechtsanwalts Siegfried Zinkeisen. Er und seine Frau Gerlinde betreiben seit 2007 eine spendenfinanzierte Realschule und ein Internat im kambodschanischen Peak Sneng, unweit der weltberühmten Tempelanlagen von Angkor. Das Ehepaar besucht Kambodscha zwar regelmäßig selbst, ist aber auf westliche Freiwillige angewiesen, die für Wochen oder Monate in Peak Sneng arbeiten und die lokalen Lehrkräfte unterstützen.

Nach wenigen Mails und Telefonaten erhielt Judith Tosberg eine Zusage. Kost und Logis wurden übernommen, so dass die Reeserin lediglich ihren Flug und das Visum zahlen musste. Nach einem Wochenende in der Hauptstadt Phnom Penh und einer siebenstündigen Busfahrt über zum Teil abenteuerliche Straßen und Feldwege erreichte die Reeserin im Februar ihren Einsatzort und die 180 Schüler. "Das Schulgebäude liegt sehr schön inmitten von Palmen und Mangobäumen", sagt Judith Tosberg, die nach kurzer Einführung durch eine Münchner Freiwillige sofort als Lehrerin eingespannt wurde.

Sie unterrichtete die adrett uniformierten Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 bis 9 in Englisch, gab Workshops in Malen und Singen, betreute aber auch Babys und Kleinkinder, deren Eltern in der Schulanlage arbeiten. "Hier wachsen die Kinder sehr behütet auf, bekommen genug zu essen, können lernen und spielen", sagt Judith Tosberg, die aber auch immer wieder die Schattenseiten einer Kindheit in einem der ärmsten Länder der Welt mitbekam. Etwa dann, wenn Gerlinde Zinkeisen lokale Familien besuchte, deren Kindern ein besserer Start ins Leben durch Patenschaften aus Deutschland ermöglicht werden soll.

Bei jeder Motorradfahrt durch die Provinz fand sich Judith Tosberg in einer riesigen Staubwolke wieder, was ihr gleich in der ersten Woche eine Augenentzündung einbrachte. Auch an die großen Spinnen in der Schule, die Mäuse, Frösche, Geckos und Vögel in ihrer kleinen Wohnung und die täglich servierte Fischsuppe zum Frühstück erinnert sich die Reeserin mit einem Schmunzeln, doch auf keinen Fall möchte sie die Erfahrungen der vergangenen vier Wochen missen.

"Ich nehme die Gelassenheit der Kambodschaner mit, außerdem große Demut vor den Möglichkeiten, die wir in unserer westlichen Gesellschaft haben und oft gar nicht mehr zu schätzen wissen."

Nach zwei Ausflügen zum Weltkulturerbe Angkor Wat schaut sich Judith Tosberg aktuell noch die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt Phnom Penh an. Hier traf sie auch die Reeserin Eva-Lotte Gottwein, die seit September 2013 ein Jahr lang an einer Schule in der früheren Hauptstadt Oudong arbeitet.

Jetzt landete Judith Tosberg wieder in Deutschland. Bis zum Abschluss ihres Bachelor-Master-Studiengangs, voraussichtlich 2017, wird sie weiterhin regelmäßig aus Köln nach Rees fahren, um für die Lebenshilfe Unterer Niederrhein zu arbeiten. "Das Studium ist ziemlich theoretisch, weshalb ich praktische Erfahrungen sammeln möchte." Ob sie privat oder beruflich noch einmal nach Kambodscha reist, steht in den Sternen.

Nur eines ist jetzt schon klar: "Die Zeit in Peak Sneng werde ich immer in meinem Herzen tragen, weil ich dort ganz besondere Menschen getroffen habe."

Kontakt zur Schule und zum Internat: www.hilfe-fuer-kinder-in-kambodscha.org

(RP)
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