Rees Kabarettabend der alten Schule

Rees · In seinem "Lieblings-Bürgerhaus" in Rees zog "Werkskabarettist" Wilfried Schmickler vom Leder. Auf die schnelle Pointe war er eher selten aus.

 Wilfried Schmickler

Wilfried Schmickler

Foto: jkn

Die "alten, blöden Witze über Donald Trump" erzählte Wilfried Schmickler gleich zu Beginn seines Bühnenprogramms "Das Letzte". In diesem übersichtlichen Zeitfenster sollten "alle, die Fotos machen wollen oder müssen", zu ihrem Recht kommen. Als dieser "Quatsch" dann erledigt und ein wenig Süßholz geraspelt worden war ("Ich bin heute in meinem absoluten Lieblings-Bürgerhaus, in meinem absoluten Lieblings-Rees, an meinem absoluten Lieblings-Niederrhein"), konzentrierte sich die Aufmerksamkeit des Publikums allein auf Wilfried Schmickler und dessen Weltbild.

Es war ein Kabarettabend der ganz alten Schule. Der fast 63 Jahre alte Werks-Kabarettist aus Leverkusen redete, reimte und rechnete ab, manchmal sang und tanzte er auch. Und bei alledem war er nur selten auf schnelle Pointen aus, sondern stimmte mit seinen Ausführungen über den "real kollabierenden Kapitalismus" und das "Leben in unserer Unverträglichkeitsgesellschaft" nachdenklich.

Wann immer den Zuhörern das Lachen im Halse stecken blieb, war der Abend besonders lohnenswert. Schmickler regte an, das Weltklima zu schonen, indem alle Waren, die online bestellt werden, nicht mehr vom Paketdienst ausgeliefert werden, sondern durch Menschenketten aus Langzeitarbeitslosen. Die reichen die Pakete, wie Sandsäcke bei Hochwasser, bis zur Haustür des Online-Shoppers weiter: "Die Langzeitarbeitslosen stehen dann zwar immer noch auf der Straße, aber sie sind sinnvoll." Und natürlich muss es eine zweite Menschenkette geben, weil die meisten Bestellungen ja eh retour geschickt werden. Schmickler wunderte sich, dass im "Jobwunderland" Deutschland zwar immer mehr Menschen Arbeit finden, aber immer weniger Menschen davon leben können. Allerdings sei Verzicht sowieso eher was für ärmere Menschen, denn "die merken davon nix", während der Mittelstand und die Oberschicht den reichen und steuerbefreiten Weltkonzernen "Wachstum um jeden Preis" bescheren. Medizinische Studien hätten übrigens belegt, dass reiche Menschen zehn Jahre länger leben als arme. "Verdienen sie einfach mehr!", lautete der gute Rat des Kabarettisten für ein langes und glückliches Leben.

Schmickler selbst pfeift jedoch auf wissenschaftliche Studien. Zum Beispiel auf jene, die besagt, dass nach 20 Minuten Joggen körpereigene Glückshormone ausgeschüttet werden: "Das schaffe ich mit fünf Bier. Im Sitzen." Das Gegenteil von Glückshormonen schüttete der Kabarettist aus, als er den Wahlerfolg der AfD hinterfragte. Eigentlich wolle er ja gar nichts mehr über die AfD sagen, log er, um dann eine lange und wortgewaltige Hasstirade gegen die Partei und jedes namentlich genannte Parteimitglied abzufeuern. "Das müssen Sie auch mal machen, um Ihr Schmähzentrum zu entlasten", empfahl Schmickler dem Reeser Publikum, "aber lieber nicht in der Öffentlichkeit", weil das Klagen der beleidigten Volksvertreter nach sich ziehen könne.

(RP)
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