Emmerich Kalkar: Bordell-Betreiber kommt mit Bewährungsstrafe davon

Emmerich · Wegen einer halben Million Euro vorenthaltener Abgaben wurde 70-Jähriger zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.

Staatsanwalt Hendrik Timmer blickte ungläubig in den Raum: Das Gericht verurteilte den 70-jährigen Kalkarer Bordellbetreiber des "Hauses Manier" zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Jürgen R., war vorgeworfen worden, in den Jahren 2003 bis Ende 2014 inklusive einer kurzen Unterbrechung eine Summe von knapp über einer halben Million Euro nicht versteuert beziehungsweise Sozialabgaben vorenthalten zu haben .

Der Angeklagte hatte zuvor in seiner Vernehmung bereits die Vorwürfe bestätigt. Er begründete die Taten jedoch damit, dass er davon ausging, dass die Prostituierten als Selbstständige bei ihm arbeiteten und dementsprechend eigenverantwortlich ihre Steuererklärungen hätten abgeben müssen, was er auch so mit seinem Steuerberater besprochen habe. Der Angeklagte wollte darüber hinaus lediglich die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt haben.

In der Strafzumessung lagen das Gericht und die Staatsanwaltschaft auseinander. Für Staatsanwalt Timmer war eine Bewährungsstrafe angesichts der Höhe der vorenthaltenen Summe nicht vertretbar. Er berief sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs. "Es liegen keine besonders gewichtigen Strafmilderungsgründe vor, dafür aber besonders schwere straferschwerende Gründe." Der Angeklagten habe keine Einsicht gezeigt und auch nach Eröffnung des Verfahrens weitergemacht wie zuvor. "Außerdem haben Sie nach der Tataufdeckung versucht, Ihr Vermögen zu verschieben", führte Timmer weiter aus. So habe Jürgen R. unter anderem einen fünfstelligen Geldbetrag bei Seite geschafft und obendrein eine nachträgliche eheliche Gütertrennung mit seiner Frau vereinbart.

Den verursachten Schaden beglich der Beschuldigte zu einem kleinen Teil gestern vor Gericht. In einer Papiertüte brachte der 70-Jährige einen kleineren fünfstelligen Euro-Betrag mit, den er aus dem Verkauf eines Autos erwirtschaftet hatte. Darüber hinaus überraschte R. das Gericht mit der Mitteilung, dass er zum 1. Mai diesen Jahres sein "Gewerbe" abgemeldet habe und künftig in neuer Form weiterführen werde. Er will seine Räumlichkeiten nur noch vermieten.

Der Staatsanwalt bewertete dies nicht als strafmildernd. "Diese Bemühungen kommen erst sehr, sehr spät", so Timmer, für den auch deshalb eben keine Bewährungsstrafe mehr in Betracht kam und der zudem ein fünfjähriges Berufsverbot für R. forderte.

Das Gericht legte zugunsten des Angeklagten jedoch unter anderem sein Alter und das aus Sicht des Vorsitzenden Richters Christian Henkel umfassende Geständnis als strafmildernd aus. Ein Berufsverbot verhängte es ebenso nicht, um Jürgen R. die Möglichkeit zu geben, sich künftig zu bewähren.

(RP)
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