Rees Klappstuhl-Lesung wandert ins Trockene

Rees · Der Autor Claudius Pläging las bei den Reisemobiltagen. Weil das Wetter schlecht war, wurde die Open-Air-Veranstaltung nach drinnen verlegt. Im zweiten Teil des Abends grüßten Tommy Krappweis und sein Vater Werner die Reeser Besucher.

Rees: Klappstuhl-Lesung wandert ins Trockene
Foto: van Offern, Markus (mvo)

Ob ein Campingurlaub Spaß macht oder nicht, hängt vor allem vom Wetter ab. Auch die "Niederrheinischen Reisemobiltage" boten den Gästen auf dem Wohnmobilstellplatz an der Ebentalstraße die ganze Bandbreite klimatischer Höhe- und Tiefpunkte: Am Freitag sorgte die pralle Sonne für ein sommerliches Stimmungshoch, am Samstag und Sonntag prasselte der Regen auf die 46 Stellplätze nieder. Davon betroffen war auch die als Open-Air-Veranstaltung geplante "Klappstuhl-Lesung" mit dem Kölner Autor Claudius Pläging. Angesichts der grauen Wolken am Himmel und der großen Pfützen am Boden beschloss Platzwart Christian Overveld, die Lesung aus dem Buch "Not am Mann" lieber ins Trockene zu verlegen. Als Retter erwies sich der Reeser Schwimmclub, der sein Vereinsheim im benachbarten Stadtbad zur Verfügung stellte.

Die Zuhörer erhielten einen kurzweiligen und amüsant vorgetragenen Einblick in die Gefühlswelt eines Mannes, der für seine Freundin den Helden mimen möchte, aber tief im Herzen doch nur ein großes Kind und Verlierer ist. Denn Sebastian Niehoff, der Antiheld in Claudius Plägings Roman, muss hinnehmen, dass sich sein ohnehin schon trostloses Leben durch eine unglückliche Verquickung von Parfümpröbchen, Schmutzwäsche, Kerzenromantik und fehlendem Klopapier schlagartig ändert: Die Wohnung brennt ab, er verliert seinen Job und kommt vorübergehend ins Gefängnis, während seine Freundin im Krankenhaus liegt und daran zweifelt, dass Sebastian der Mann fürs Leben ist. Nun muss er beweisen, dass ein ganzer Kerl in ihm steckt.

Slapstick, Galgenhumor und gekonnter Wortwitz kennzeichnen den Roman, den Claudius Pläging neben seiner "besser bezahlten Arbeit" als Autor und Redakteur für Fernsehformate wie "TV total" und "Schlag den Raab" ein Dreivierteljahr lang in vielen Frühschichten verfasste. "Genau wie Sebastian denke ich über viele Dinge zu viel nach", zog der Kölner bei seiner Lesung Parallelen zwischen sich und der Hauptfigur. "Sebastian ist eine überspitzte Variante von mir, die zudem mit einer extremen Lebenssituation konfrontiert wird. Das blieb mir zum Glück bisher erspart."

Im zweiten Teil des Abends grüßten der Münchner Comedian Tommy Krappweis und sein Vater Werner die Reeser Besucher in einer kurzen Videobotschaft. Während Werner Krappweis von Campingurlauben und sogar von seinem Rees-Besuch im Jahr 2012 schwärmte, zeigte sich der Junior ironisch reserviert. Das war die passende Überleitung zur ersten Folge seiner Serie "Das Vorzelt zur Hölle", in der Krappweis mit alten Super-8-Filmen und Fotos, aber auch mit witzigen Zeichentrickeinlagen auf die "schrecklichen Campingurlaube" seiner Familie in den 70er Jahren zurückschaut: Zeltplätze am Rande der Müllkippe, frühmorgendliche Attacken von wilden Kühen und riskante Abschussfahrten des klapprigen VW-Busses durch Bachläufe. Verglichen mit den Gefahren, in die Vater Krappweis seine Liebsten brachte, war das klatschnasse Wochenendwetter die reinste Bagatelle.

(RP)
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