Emmerich Kündigungen im Karl-Kaster-Haus?

Emmerich · Emmericher Kolping-Bildungswerk steht vor dem Aus. Übernahme durch das Theodor-Brauer-Haus möglich.

Emmerich: Kündigungen im Karl-Kaster-Haus?
Foto: van Offern, Markus (mvo)

Bittere Nachricht für die Emmericher Kolpingfamilie. Ihr Bildungswerk steht vor dem Ende, eine Aufgabe der Ausbildungswerkstatt im Karl-Kaster-Haus ist wahrscheinlich. Der Vorstand hat für Mittwoch, 27. Mai, zu einer Mitgliederversammlung geladen. Der Vorschlag vom Vorsitzenden Dietrich Hannemann: Der laufende Betrieb der Werkstatt wird zum 1. September eingestellt, den jungen Leuten, die dort arbeiten, wird gekündigt. Sie sollen in andere Betriebe vermittelt werden. Auch die beiden Meister, die im Karl-Kaster-Haus arbeiten, sollen gehen.

 Als die Emmericher Kolpingfamilie 150 Jahre alt wurde, gab es einen Tag der offenen Tür im Karl-Kaster-Haus. Jetzt steht die Ausbildungswerkstatt vor dem Aus.

Als die Emmericher Kolpingfamilie 150 Jahre alt wurde, gab es einen Tag der offenen Tür im Karl-Kaster-Haus. Jetzt steht die Ausbildungswerkstatt vor dem Aus.

Foto: Markus van Offern

Der Grund für diese radikale Maßnahme: Dem Emmericher Kolpingbildungswerk fehlen in diesem Jahr die Zuschüsse der Agentur für Arbeit und vom Kreis Kleve. Damit sinkt die Zahl der Teilnehmer an berufsvorbereitenden Maßnahmen und außerbetrieblichen Ausbildungen unter 22. Diese Entwicklung sieht der Vorstand auch für die kommenden Jahre, so dass die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben sei.

Kritiker vermuten hinter der geänderten Förderung den Übernahmeversuch des Theodor-Brauer-Hauses (TBH). Zwar kooperieren das Kolpingbildungswerk und das TBH seit mehreren Jahren. So hat das TBH bereits die Geschäftsführung des Bildungswerkes übernommen.

Dennoch sehen kritische Geister in der Kolpingfamilie gerade diesen Umstand als Erklärung dafür an, dass nunmehr keine ausreichenden Gelder mehr nach Emmerich fließen.

Noch mehr empört sie die Tatsache, dass bei einer Auflösung des Bildungswerkes das Karl-Kaster-Haus unter dem Flaggschiff TBH weitergeführt werden soll. Damit, so die Vermutung, sei dann der Versuch der Klever Weiterbildungseinrichtung nach mehr als zwei Jahrzehnten geglückt, die Emmericher zu schlucken.

Für eine Auflösung des Bildungswerkes scheint es bei der Mitgliederversammlung wohl eine Mehrheit zu geben, so eine Einschätzung. Wenn es so wäre, würde die Emmericher Kolpingfamilie nach dem Verkauf ihres Kolpinghauses im Jahr 2007 ihre eigentliche Basis verlieren: nämlich die Begleitung und Förderung von jungen Leuten.

Ein Glück, dass Karl Kaster diese Entwicklung nicht mehr erleben muss. Der Begründer der Werkstatt starb im April 2013. Adolph Kolpings Satz, "Helft, eine bessere Zukunft zu schaffen, indem ihr sie erziehen helft", war für Karl Kaster Maxime. 1962 bot er benachteiligten Jugendlichen Abendschweißkurse im Kolpinghaus in der Ölstraße an, ab 1971 gab es die Vollausbildung zum Schlosser. Mit persönlichem Risiko wagte Kaster sich an ein Zukunftsprojekt, das von Erfolg gekrönt war - die Lehrwerkstatt am Groendahlschen Weg, die 1984 eröffnet wurde.

Spuren der Kolpingwerkstatt finden sich in ganz Emmerich: Der Kandelaber am Rathaus, der Nikolausbrunnen, Taufbrunnen an der Heilig-Geist- und Martinikirche, der Kronleuchter im Schützenhaus Kapaunenberg und viele Spielgeräte in Kindergärten und auf öffentlichen Spielplätzen stammten vom Groendahlschen Weg oder wurden dort repariert.

Bis zum Jahr 2004 war Kaster in der Kolpingwerkstatt aktiv, bei seiner Verabschiedung war er 78 Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt konnten sich Jugendliche bei Kolping in den Bereichen Holz, Elektro und Metall ausbilden lassen. Um dieses Lebenswerk fortführen zu können, wurde eigens ein Verein gegründet. Das Kolping-Bildungswerk sicherte den Fortbestand der Ausbildungsstätte.

Für sein nachhaltiges, ehrenamtliches Engagement bekam der gelernte Schlossermeister im Jahr 2001 den "Fährmann" des Bürgervereins verliehen. "Die Kolpingwerkstatt - das ist Karl Kaster", sagte seinerzeit der damalige Bürgermeister Horst Boch.

(RP)
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