Kolumne Himmel Und Erde Lachen statt Kirchenglocken

Emmerich · In Bielefeld sorgt eine ungewöhnliche Aktion für Aufsehen. Vom Turm der Nicolaikirche ertönt vier Mal in der Stunde ein fröhliches Lachen - ein Plädoyer für mehr Gelassenheit und Heiterkeit im Leben.

Kolumne Himmel Und Erde: Lachen statt Kirchenglocken
Foto: Malz Ekkehart

Eine besondere Aktion sorgt in diesen Tagen in Bielefeld für Aufsehen. Statt Glockengeläut ist vom Turm der evangelischen Altstädter Nicolaikirche vom 23. April bis 7. Mai Lachen zu hören.

Das Lachen, das in diesen zwei Wochen nach Ostern vom Kirchturm zu hören sein wird, ist eine Klanginstallation der Frankfurter Künstlerinnen Carolyn Krüger und Brigitte Kottwitz. Immer um Viertel nach wird 15 Sekunden lang gelacht, zur halben Stunde 30 Sekunden lang, um Viertel vor 45 Sekunden und zur vollen Stunde eine Minute lang. "Es geht um eine positive Lebenshaltung, ein Plädoyer für mehr Gelassenheit und Heiterkeit im Leben", sagt Pfarrer Armin Piepenbrink-Rademacher. Die gute Laune komme in Zeiten von Terror und Populismus zu kurz. Lachen sei Weltsprache; wer lacht, könne nicht aggressiv sein. "Insofern ist es auch eine Friedensbotschaft." Die Aktion ist übrigens nicht die erste dieser Art an der Nicolaikirche: Im Osterlach-Gottesdienst habe man letztes Jahr Lachyoga ausprobiert, denn, "das Evangelium ist schließlich eine frohe Botschaft", so der Pfarrer. In der Tat war das Osterlachen vom 14. bis 19. Jahrhundert ein fester Bestandteil des christlichen Glaubens in vielen Gegenden Deutschlands. Grundanliegen war es, die Osterfreude zum Ausdruck zu bringen. Es sollte die Überlegenheit und der Sieg über den Tod symbolisiert werden, der sich an Christus "verschluckt" hat und der Lächerlichkeit preisgegeben ist. Das Osterlachen war auch eine Art, in lustiger Form Kritik an der weltlichen oder kirchlichen Obrigkeit zu üben. Es war lange Zeit ein Teil der Osterpredigt. Nach der siebenwöchigen Fastenzeit sollte zum Osterfest mit Hilfe dieser Tradition das Lachen in der christlichen Kirche wieder Einzug halten. Der Pfarrer erzählte in seiner Osterpredigt bewusst ein Ostermärlein, auch "Risus Pascalis" genannt. Heute ist das Osterlachen in unseren Kirchen fast ganz in Vergessenheit geraten. Dabei kann eine Predigt durchaus dann als gelungen bezeichnet werden, wenn die Gemeinde unter der Kanzel wenigstens einmal gelacht hat. Unsere Weltlage bietet derzeit wenig Grund zum Lachen. Terroranschläge und Kriege, Hasspropaganda und Menschenrechtsverletzungen in so vielen Ländern lassen einem buchstäblich das Lachen im Halse steckenbleiben. Gerade deshalb ist das Osterlachen vom Turm der Nicolaikirche ein befreiendes Zeichen dafür, dass nicht die Verzweiflung und das Weinen das letzte Wort haben werden, sondern dass am Ende das Lachen über den Sieg des Lebens zu hören ist.

THOMAS BRÖDENFELD

(RP)
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