Rees Meister unter den Brettchenwebern

Rees · Auf seinem Fachgebiet macht dem Reeser Frank Wardemann so schnell niemand etwas vor.

 Seit 2012 ist Frank Wardemann gewerblich auf Märkten unterwegs. Er hält aber auch immer noch an seinem Beruf als Gärtner fest.

Seit 2012 ist Frank Wardemann gewerblich auf Märkten unterwegs. Er hält aber auch immer noch an seinem Beruf als Gärtner fest.

Foto: Wardemann

Die Technik des Brettchenwebens ist bereits 5000 Jahre alt. Das Besondere daran ist, dass dabei Borten entstehen, die sich auch beim Zerschneiden nicht auflösen. Bis heute gibt es für das Handwerk keine Maschine, jeder einzelne Zentimeter wird in mühsamer Handarbeit hergestellt. "Die Leute sagen immer: Früher hatte man ja auch viel Zeit. Das ist falsch: Nie hatten die Menschen so viel Zeit wie wir heute, sonst würden wir nicht so viele Stunden vor dem Fernseher und Computer verbringen", sagt Frank Wardemann. Im Mittelalter konnten sich nur sehr reiche Leute einen Brettchenweber leisten. "Sie konnten nur im Sommer weben, im Winter waren die Lichtverhältnisse zu schlecht. Im Sommer aber wurde jede Hand für die Ernte gebraucht. Wer es sich also leisten konnte, eine Person zu entbehren, um zu weben, musste sehr viel Geld haben", erklärt der 49-Jährige.

Die Technik der Brettchenweber von damals hat Wardemann für sich übernommen, allerdings hat er heute Hilfsmittel, die die Menschen früher nicht hatten. "Ich schaffe bei einem einfachen Muster zwei Meter in der Stunde, bei einem schwierigen Muster nur zehn Zentimeter. Für eine Borte mit kompliziertem Muster brauche ich zwei Wochen, die Menschen früher zwei Monate."

Wardemann war schon länger in der Mittelalter-Szene und auf verschiedenen Veranstaltungen aktiv gewesen, als am 25. September 2005 die Wendung kam: Am Geburtstag seines Bruders besuchte er mit ihm zusammen einen Mittelaltermarkt in Leverkusen und entdeckte einen Stand, an dem Borten verkauft wurden. Als er eine erwerben wollte, sagte die Frau am Stand zu ihm: "Nicht kaufen, selber machen." Und sie zeigte ihm, wie die Technik funktioniert. Womit sie mit Sicherheit nicht gerechnet hatte: Der Reeser setzte sich sofort zu Hause hin und legte los. Seitdem hat er die Fäden nie wieder aus der Hand gelegt. "Ich habe mir alles selbst beigebracht und nie ein Buch darüber gelesen oder einen Lehrgang besucht", erzählt der Autodidakt. In den ersten Jahren tauschte er seine gewebten Produkte mit anderen Händlern in der Szene, seit 2012 ist er gewerblich auf Märkten unterwegs.

"Ich habe früh aus der Szene die Rückmeldung erhalten, dass meine Technik einmalig ist und ich ungewöhnlich gleichmäßig webe", erinnert sich der 49-Jährige. Auch bei den Kunden kommen seine Produkte gut an: Ob als Gürtel, Verzierungen an Kleidungsstücken, Lesezeichen, Pferdegeschirr oder Hundeleine - der Verwendung seiner Kunstwerke sind keine Grenzen gesetzt. "Meine Kunden sind begeistert von der Qualität und berichten mir beispielsweise von Lesezeichen, die sie bereits seit vielen Jahren verwenden. Allerdings wundern die Besucher sich auch oft über die Preise, die sie als zu hoch ansehen. Die Preise berechne ich aber an meinem Stundenlohn und da es viel Arbeit ist, bis eine Borte fertig ist, sind die Preise auch gerechtfertigt", so Wardemann.

Mit seinen Produkten ist er bereits auf vielen Märkten unterwegs gewesen. Dabei war aller Anfang schwer: "Es kam zu Beginn vor, dass ich nur 50 Euro eingenommen habe. Mittlerweile kann es auch sein, dass ich vierstellig aus einer Veranstaltung herausgehe. Das ist jedoch sehr unterschiedlich und schlecht zu planen." Deshalb hält er auch immer noch an seinem Beruf als Gärtner fest.

Um mit seinen Werken richtig viel Geld zu machen, müsste der Reeser ins Land der Wikinger gehen, nach Skandinavien. Dafür müsste er allerdings fünf Wochen inmitten des Sommers in Anspruch nehmen und da spielen Frau und Chef nicht mit.

Deshalb ist der Reeser auch in Zukunft erstmal in der näheren Umgebung unterwegs. Seine nächste Station ist am Wochenende vom 7. bis 9. Oktober im niederländischen Teylingen.

(julat)
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