Tod von Katip A. in Emmerich Polizisten saßen laut Zeuge auf Gefesseltem

Emmerich · Drogenmix, Gewalt, viel Körperkraft: Haben die Beamten zu ihrer eigenen Sicherheit den 32-Jährigen lange fixiert? Was geschah am vergangenen Montag zwischen 20.20 Uhr und 20.32 Uhr - es sind diese Minuten, die im Fall des toten Katip A. aus Emmerich geklärt werden müssen.

 An dieser Stelle wurde der 32-Jährige von der Polizei fixiert. Kurz nach seiner Festnahme starb er. Mitglieder der jesidischen Gemeinde in Emmerich legten Blumen am Tatort nieder.

An dieser Stelle wurde der 32-Jährige von der Polizei fixiert. Kurz nach seiner Festnahme starb er. Mitglieder der jesidischen Gemeinde in Emmerich legten Blumen am Tatort nieder.

Foto: markus van Offern

Zur Erklärung: Gegen 20.20 Uhr begann der Einsatz der Polizei, die versuchte, den unter Drogen stehenden und aggressiven 32-Jährigen festzunehmen. Dieser hatte zuvor randaliert, sogar die große Scheibe eines Geschäftes an der Hühnerstraße eingetreten. Was wiederum deutlich macht, über welche Kräfte der gelernte Straßenbauer verfügte und was vermutlich der Mix aus Kokain und Amphetaminen bewirkt hatte.

Klar ist, dass die Polizei Schlagstock und Pfefferspray einsetzen musste, um Gewalt über ihn zu bekommen.

Doch was geschah exakt? Bislang war von einem Handy die Rede, mit dem an diesem Abend ein Zeuge einen Film gemacht hat. Er übergab es der Polizei. Die Aufnahmen haben bislang nur Polizei und Staatsanwaltschaft gesehen.

Sie sollen, so Staatsanwalt Hendrik Timmer (Kleve), Beamte zeigen, die sich neben dem Gefesselten befinden und ihn festhalten. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits gefesselt. Das Video beginnt um 20.32 Uhr. Vorher sollen, so erklärten es bislang Zeugen gegenüber der RP, die Beamten auf dem Mann gekniet haben. Und zwar über einen längeren Zeitraum.

Bekanntlich macht die Familie und die jesidische Gemeinde der Polizei deswegen Vorwürfe. In dieser Zeit und durch das Gewicht soll er das Bewusstsein verloren haben. Einschränkend muss gesagt werden, dass die Rechtsmedizin nach der Obduktion festgestellt hat, dass der Mann an einer Herzrhythmusstörung, verursacht durch den Drogenmix, ums Leben kam. Dass die Beamten sich möglicherweise noch auf dem Mann befanden, als dieser bereits gefesselt war, könnte im übrigen einen wichtigen Grund haben. Wie am Freitag zu hören war, war Katip A. der Polizei als jemand bekannt, der unter dem Einfluss von Drogen aggressiv und enthemmt war. Und der über hohe Körperkräfte verfügte. Mehrfach, so ist bei Polizisten zu hören, gab es Festnahmen, bei denen Beamte Verletzungen davon trugen. Erst noch am Montagmorgen, an dem Tag also, an dem er abends festgenommen wurde, stand er wegen Drogenbesitzes, Widerstands gegen Polizisten und Körperverletzung vor Gericht und wurde auch verurteilt.

Orhan Akbas (45) aus Emmerich erklärte am Freitag gegenüber der RP: "Der Mann lag bereits am Boden und war gefesselt. Drei Polizisten befanden sich auf ihm. Das war brutal. Die Polizei hat später den Leuten, die sie als Zeugen vernommen hat, gesagt, sie sollen nichts zu der Sache sagen."

Diese Aussage ist richtig. Ein Zeuge erklärte gegenüber der RP, die Polizei habe ihm gesagt, er solle sich nicht öffentlich äußern.

Orhan Akbas sagt außerdem: "Es haben sechs oder sieben Leute das Geschehen gefilmt. Alle diese Handys sind von der Polizei mitgenommen worden."

Gerd Engler, der Leiter der Suchtberatung der Caritas, erklärte am Freitag die Wirkung von Kokain und Amphetaminen. Die Kombination habe eine aufputschende Wirkung. "Die Menschen sind unruhig, die Drogen verstärken Aggressionen." Die Betroffenen sind weniger schmerzempfindlich, brauchen weniger Schlaf. Bei regelmäßiger Einnahme können sich Psychosen bilden. "Amphetamin ist das Kokain des armen Mannes", so Engler. Es sei billiger als Kokain und werde oft in Kombination mit Kokain genommen. Das alles passt zu den Schilderungen über den Zustand von Katip A. am Montagabend.

(ha)
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