Emmerich Ratsherr Bernd Nellissen gibt auf

Emmerich · Bernd Nellissen gibt Rats- und Kreistagsmandat ab und verlässt Emmerich. Bis in die höchste Instanz will er dagegen klagen, wie seine Aufwandsentschädigungen als Politiker auf seinen Hartz-IV-Satz angerechnet werden.

 Bernd Nellissen will weiter politisch tätig sein. Aber die Ehrenämter in Emmerich und Kleve kann er sich schlicht nicht mehr leisten, sagt er.

Bernd Nellissen will weiter politisch tätig sein. Aber die Ehrenämter in Emmerich und Kleve kann er sich schlicht nicht mehr leisten, sagt er.

Foto: Endermann

Bernd Nellissen gibt Rats- und Kreistagsmandat ab und verlässt Emmerich. Bis in die höchste Instanz will er dagegen klagen, wie seine Aufwandsentschädigungen als Politiker auf seinen Hartz-IV-Satz angerechnet werden.

Bernd Nellissen sieht für sich in Emmerich und Kleve keine Perspektive mehr. "Ich habe lange gezögert", sagt der 61-Jährige: "Ich habe die politische Arbeit hier sehr, sehr gerne gemacht" – gerade die im Emmericher Rat. Trotzdem ist das Kapitel hiesiger Lokalpolitik für ihn jetzt erst mal vorbei, aus finanzieller Not.

Zwei Mandate bekleidet der ehemalige Linke-Vertreter: Er ist parteiloses Mitglied des Rates in Emmerich, und für die Wählergemeinschaft Alternative Linke sitzt er im Kreistag in Kleve. Politiker bekommen für ihre Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung. Aber Nellissen lebt von Hartz IV, und da ist für die Ehrenamtler ein Freibetrag von lediglich 175 Euro zusätzlich vorgesehen.

Für Bernd Nellissen ist das eine himmelschreiende Ungerechtigkeit: 175 Euro sind die Grenze, "egal, ob ich ein, zwei oder 99 Mandate habe, egal, ob das in einem kleinen Dorf ist oder für den ganzen Kreis Kleve". Wer die Lage vor Ort kenne, könne sich vorstellen, "wie hoch da allein die Mobilitätskosten sind". Abgesehen von anderen Faktoren: Telefon, Mobiltelefon, Computer, Post, Extra-Platzbedarf in der Wohnung für Akten. Er habe das Jahre lang bezahlt und "Politik gemacht unterhalb des Existenzminimums".

"Ich sehe da eine Ungleichbehandlung der Politiker, und damit einen Bruch der Verfassung", fasst Nellissen seine Lage zusammen. Seine Position will er juristisch durchsetzen: "Ich klage jetzt schon seit dreieinhalb Jahren gegen die Stadt." Wobei sich seine Vorwürfe nur rein formal gegen die Stadt richten, wie er betont. Die eigentlich verantwortlichen Entscheider verortet er beim Kreis Kleve. Gegen Emmerichs Verwaltung hat er nichts, Bürgermeister Johannes Diks habe sich sogar "großartig" für ihn eingesetzt.

"Ich werde nicht aufhören, dieses Verfahren bis zur endgültigen Klärung weiter zu beschreiten", kündigt Nellissen an. Bis vors Bundesverfassungsgericht, "gegebenenfalls auch bis hin zum Europäischen Gerichtshof" werde er ziehen.

Der Umzug nach Berlin ist für ihn eine Rückkehr. 38 Jahre lang hat er dort gelebt, bis er 2008 in seine Geburtsstadt Emmerich zurückkam, um sich um seine Mutter zu kümmern. Seine Hoffnungen, in Emmerich auch Arbeit zu finden, haben sich nicht erfüllt. In Berlin sieht er eher Chancen, beruflich wieder Fuß zu fassen: "Ich werde meine alten Kontakte wieder auffrischen." Und: "Ich will natürlich weiter politisch tätig sein" – das sei er schließlich immer gewesen, macht er klar.

Sein Ratsmandat hat er zum Ende April niedergelegt: "Es hat mir sehr leid getan, ich habe lange mit mir gekämpft", versichert er. Auch im Kreistag sind seine Tage gezählt, nur für eine Übergangszeit wird er noch die Stellung halten und zwischen Berlin und Emmerich pendeln.

(RP)
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