Kommentar Straßenmusiker lösen Emmerichs Probleme nicht

Emmerich · Wer regiert in Emmerich? Immer mehr glauben, dass das die Stadtverwaltung tut. Und eben nicht die Politik. Die hat schon lange keine eigenen Ideen mehr. Und Mut? Eher weniger. Dabei gibt es einen Mann, der eingestellt worden ist, um den Handel zu beleben. Aber den fragt niemand. Und Geld bekommt er auch nicht.

In dieser Woche hat sich die Emmericher Politik die Bewerber für den Posten des zweiten Beigeordneten im Rathaus angeschaut. Dahinter steckt die Idee, einen großen Aufgabenbereich im Rathaus, in dem unter anderem das Emmericher Sozialamt zu finden ist, unter eine neue Führung zu stellen.

Möglicherweise lässt sich auf diese Weise aber auch jemand aufbauen, der irgendwann in ein paar Jahren der Spitzenkandidat der Emmericher CDU fürs Bürgermeisteramt sein könnte.

Sollte es so kommen, dürfte das Wasser auf die Mühlen derjenigen sein, die dem heutigen Rat vorwerfen, längst keine eigenen Ideen mehr zu entwickeln, sondern sich von der Emmericher Verwaltung führen zu lassen. Diese Stimmen nehmen sogar unter ehemaligen Ratsmitgliedern zu.

Als Paradebeispiel gilt die Innenstadtentwicklung, die Jahre unter einer behördlichen Blockade gelitten hat. Alles mit Rücksicht auf den Neumarkt. Betrieben hat das die Stadtverwaltung, angeführt nicht vom Bürgermeister (damals noch Johannes Diks), sondern vom Beigeordneten Dr. Stephan Wachs.

Man muss dazu wissen: Nur er konnte das korrekt abwickeln. Der Mann ist Verwaltungsjurist.

Dennoch: Die Politik machte dabei keine gute Figur.

Und Wachs hat seither den Ruf weg, kein Entwickler, sondern ein Verhinderer zu sein.

Dieser Vorwurf dürfte wohl besonders der Enttäuschung über den Verfall der Innenstadt geschuldet sein. Zumal Neumarkt-Investor Josef Schoofs noch immer nicht seine Baustelle in der Mitte der Innenstadt eingerichtet hat.

Aber: Wer den Niedergang des Emmericher Einzelhandels beklagt, muss auch bei der Emmericher Wirtschaftsförderungsgesellschaft nachfragen, was sich denn dagegen unternehmen lässt.

An deren Spitze hat die Emmericher Politik vor Monaten Sascha Terörde gewählt. Der Mann ist ausgebildeter Immobilienkaufmann und damit der Richtige für diesen Posten. Weil nämlich eine Reihe von Gebäuden in der Stadt nicht mehr entwicklungsfähig sind. Hier kann eigentlich nur eines gelten: aufkaufen, abreißen, neu bauen und mit vergrößerter Ladenfläche auf den Markt bringen. Das würde neue Geschäfte in die Stadt holen. Die Emmericher Wirtschaftsförderungsgesellschaft könnte das zu ihrer wichtigsten Aufgabe machen.

Das Problem: Ihre "Mutter", die Stadt Emmerich, stellt ihr kein Geld zur Verfügung. Schlimmer noch: Es gibt nicht einmal eine politische Debatte darüber, was die Stadt aktiv unternehmen kann. Stattdessen lässt man Terörde - den perfekten Fachmann für die Problemlage - Straßenmusikerfeste organisieren!

Welch' eine Vergeudung von Arbeitszeit.

Wollen die Parteien im Emmericher Rat tatsächlich nur abwarten, bis Schoofs am Neumarkt baut, um dann zu hoffen, dass der Rest der Innenstadt schon irgendwie wieder auf die Beine kommt?

Oder dass das neue "Integrierte Handlungskonzept" Emmerichs für zündende Ideen sorgt?

Hinter dem sperrigen Wort verbirgt sich übrigens nichts anderes als (wieder) ein Konzept, das bei der Landesregierung vorgelegt werden muss, damit diese dann entscheidet, ob Emmerich Zuschüsse für eine Wiederbelebung der Stadt bekommt.

Ich frage mich: Wieso warten und hoffen die Emmericher eigentlich auf fremde Hilfe? Warum nehmen sie die Sache nicht selbst in die Hand?

Ein Besuch in 's-Heerenberg ist aufschlussreich. Unsere Nachbarn waren vor Jahren am Boden. Dann riss die Gemeinde eine Vielzahl heruntergekommener Häuser in der Innenstadt ab und baute ein neues Quartier. Es folgte die Umgestaltung des Marktes. Jetzt investieren in der Folge auch wieder Privatleute. Der kleine Ort boomt.

Warum soll Ähnliches nicht auch in Emmerich funktionieren? Man braucht dafür nur ein bisschen Mut.

(RP)
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