Rees Stuhlkreis mit Sebastian Pufpaff im Bürgerhaus

Rees · Donald Trump, Erdogan, Helene Fischer, Xavier Naidoo oder VW: Der Kabarettist fand in Rees reichlich Gelegenheit, sich aufzuregen.

 Schwarzer Humor, schwarzer Anzug, heißer Abend: Der Kabarettist Sebastian Pufpaff gastierte in Rees.

Schwarzer Humor, schwarzer Anzug, heißer Abend: Der Kabarettist Sebastian Pufpaff gastierte in Rees.

Foto: Markus van Offern

Den letzten Gag des Abends bekamen die Zuschauer gar nicht mehr mit. Sebastian Pufpaff gab im Foyer des Reeser Bürgerhauses geduldig Autogramme und schrieb auf ein Plakat: "Für Christian und sein Handy". Ein ironischer Seitenhieb gegen den Klingelton, der die erste Hälfte des Kabarettabends aufmischte und von Pufpaff als Steilvorlage für allerlei Improvisationen genutzt wurde. Ohnehin bezog der Bonner Prix-Pantheon-Preisträger die 450 Zuschauer gern in sein Programm "Auf Anfang" ein. Sah er doch die Veranstaltung im sommerlich aufgeheizten Bürgerhaus ("Wir machen hier einen kleinen Saunaaufguss, ziehen Sie ruhig ihre Hosen aus") weniger als klassisches Kabarett, sondern als "Stuhlkreis", in dem er mit den Niederrheinern die drängenden Probleme der Gegenwart besprechen wollte.

Donald Trump, Deutsche Bahn, Air Berlin, Feminismus, Schützenfest und 6,5 Milliarden Euro Rückerstattung an die Energiekonzerne waren Stichworte, die das Publikum in Richtung Bühne rief. Pufpaff bemühte sich, sie in den nachfolgenden zweieinhalb Stunden abzuarbeiten. Denn der 40-jährige Anzugträger versteht sich als "Kabarettdienstleister: Wir regen uns zusammen auf, ich verdiene Geld, Ihnen geht es besser - ein gutes System!"

Dabei hatte Pufpaff ursprünglich beschlossen, sich nicht mehr aufregen zu wollen, und probeweise eine Woche keine Nachrichten geschaut, gehört und gelesen. Das Ergebnis: "Ich fühlte mich gut... Aber das kann es auch nicht sein." Denn als Deutscher braucht er die Krise. Und so packt er, angestachelt durch die Medien, regelmäßig zu Mistgabel und Fackel, um gegen Donald Trump, den "Orient-Hitler" Erdogan, Helene Fischer, Xavier Naidoo oder VW zu wettern. Viel zu viele Feindbilder in viel zu kurzer Zeit: "Wissen Sie, was mich nervt? Ich komme nicht mehr zum Lynchen."

In der ersten Hälfte dominierten Gags und Slapstick. Da fragte Pufpaff zum Beispiel die Haustiere der Reeser ab, die - wie 31 Millionen andere Haustiere in Deutschland - nur einen einzigen Zweck erfüllen: "Einmal am Tag musst du als Mensch neben etwas stehen, das dümmer ist als du - und Dresden ist einfach zu weit weg." Es folgten Tipps, wie man mit fortpflanzungswütigen Wüstenmäusen sein Dach isolieren und mit Hamstern die Heizkörper reinigen kann. Außerdem erfuhr das Publikum, dass Strudelwürmer die dümmsten Lebewesen auf Erden sind und die Erinnerung von Goldfischen gerade mal drei Sekunden zurückreicht.

In der zweiten Halbzeit wurde Pufpaff böser und schredderte etablierte Denkmuster. Schenkelklopfer wichen zum Teil beklemmender Stille, oft überlegte das Publikum, ob es die politische Unkorrektheit mit einem Lachen belohnen sollte oder nicht. Als "bezahlter Demagoge" wetterte Pufpaff gegen Randgruppen aller Art, beschimpfte Männer als Weicheier, die im Grillen ihren letzten Affenfelsen gefunden haben, und warf Frauen vor, die größten Sexisten gegen sich selbst zu sein, was er an Fernsehformaten wie "Germany's Next Topmodel" und "Der Bachelor" festmachte.

Zum Ausklang schlug der Kabarettist ("Auf der Bühne bin ich der größte Drecksack, aber privat ganz nett") versöhnliche Töne an. Er forderte die Zuschauer auf, ihr Leben zu genießen: "Sie haben im Schnitt 80 Jahre Zeit, um auf diesem Planeten alles auszuprobieren und zu bereisen. Nutzen Sie diese Zeit!" Auch um die Innere Sicherheit sei es besser bestellt, als die Medien es weißmachen wollen: "Die Gefahr, dass Sie Opfer eines Selbstmordanschlags werden, ist geringer, als dass sie durch einen Haianagriff ums Leben kommen - in Rees!"

(RP)
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