Rees The Slow Show: Langsamkeit ist Programm

Rees · Die Organisatoren kannten keine Gnade. Obwohl in der restlos ausverkauften Pop-Bar drangvolle Enge und nahezu tropische Temperaturen herrschten, schlossen sie vor Konzertbeginn die Fenster. Die Auflagen eben. Da gibt es auch an besonderen Abenden keine Ausnahme.

 Sänger Rob Goodwin kann sich auf die Magie seiner Stimme verlassen.

Sänger Rob Goodwin kann sich auf die Magie seiner Stimme verlassen.

Foto: Latzel

Besonders war der Abend allein schon deshalb, weil ausnahmsweise Eintritt genommen worden war. Einfach, um den Andrang etwas zu begrenzen. Die Tickets waren ähnlich schnell ausverkauft wie die Karten fürs Festival.

Eben da hatten sich The Slow Show in die Herzen der Fans gespielt. Ihr anschließend erschienenes Album erschloss ihnen weitere Anhänger. Keine Frage: Mit Slow Show hat Haldern Pop einen Glücksgriff getan, denn die Band ist auch beim hauseigenen Label unter Vertrag.

Zudem hat sich Sänger Rob Goodwin längst mit den Haldern-Umständen arrangiert. Denn trotz der Hitze im Saal trennte er sich am Abend nicht von seiner dicken Mütze, obwohl er im Scheinwerferlicht sicher noch höheren Temperaturen ausgesetzt war.

So brauchte er wenigstens keine Zeit, um mit den Besuchern warm zu werden. Vom ersten Ton an hatte Goodwin sie. Denn auf die Magie seiner Stimme kann er sich blind verlassen. Der extrem tiefe, unheimlich angenehme Bariton trägt alle Songs ganz alleine. Da können sich The Slow Show den Luxus leisten, um die Stimme herum ganz fein den Rest der Musik zu dekorieren.

Eilig scheint es die Band aus Manchester ohnehin nicht zu haben. Slow als Show heißt die Ansage. Die Musiker geben den Songs alle Zeit der Welt, um sich zu entfalten. Langsamkeit als Programm.

Nicht ganz ungefährlich. Denn Langsamkeit surft auch immer an der Grenze zur Langeweile. Es ist die Kunst der Band, immer gerade noch die Kurve zu kriegen und dann doch wieder aufs Tempo zu drücken. Mit "Bloodline" liefern sie sogar noch Rock'n'Roll wie Rob Goodwin grinsend meint. Denn natürlich ist auch dieses Stück meilenweit von Melodien mit Spitzengeschwindigkeit entfernt, aber es bringt den Saal zum Tanzen, Mitklatschen, Mitsingen. Das gelingt Slow Show dann auch zum Schluss, als sie gemeinsam mit den Fans "Everybody's home now" in einer Endlosschleife zelebrieren. An dem Abend war das mehr als nur ein Liedvers. In Haldern fühlten sich in dem Moment alle wie Zuhause.

Bereits heute gehen die Konzerte in der Pop-Bar weiter. Ab 19 Uhr spielen Safetyville und John Elliot.

(lat)
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