Emmerich Tiefes Blau für den Pestwurz

Emmerich · Franz Gertschs "Silvia" ist die Ikone des Museums Kurhaus. Nur bis Ende April ist die kleine Ausstellung mit den Werken des Schweizers im Kurhaus zu sehen. Grandios seine riesigen Holzschnitte ohne Glas.

 Von weitem betrachtet ein Bild vom Pestwurz, aus der Nähe gesehen eine große monochrome Fläche Kobaltblau.

Von weitem betrachtet ein Bild vom Pestwurz, aus der Nähe gesehen eine große monochrome Fläche Kobaltblau.

Foto: MvO

Samtig, geradezu erhaben steht die Farbe auf dem Bild: Ein tiefes Kobaltblau fügt sich Pigment für Pigment auf dem handgeschöpften Kumohadamashi-Japanpapier, wie eine riesengroße Fläche aus Blau voll räumlicher Tiefe, gleichzeitig samtig glänzend wie tiefmatt scheinen die Pigmente dort auf. Versinkt man in diesem wunderbaren Blau, scheint der zunächst paradox klingende Satz des Malers Franz Gertsch, seine Gemälde seien "monochrom-realistische Bilder", auf einmal völlig logisch.

Aus der Nähe betrachtet im Angesicht der vielen samtigen Pigmente ist es eine riesige abstrakte einfarbige blaue Farbfläche von 2,7 mal 3,8 Meter, die sich dort auftut, kommt man vom Flur des Kurhauses um die Ecke in die helle Wandelhalle, vor deren Fenster der Verkehr gen Innenstadt fließt.

Nimmt man Abstand von der Fläche, fügen sich Punkte und Pigmente zum realistischen Bild eines großblättrigen Pestwurz, jene einfache Grünpflanze, die oft an Bachläufen oder in Feuchtgebieten über ganz Europa verteilt ist. Gertsch schnitt den Pestwurz als Holzstich, setzte Punkt für Punkt in einen langen, meditativen Schaffensprozess in das Holz.

In seiner neuen Einrichtung hat Kleves Museumsdirektor Prof. Harald Kunde einem der wichtigsten im Museum vertretenen Künstler, dem Schweizer Franz Gertsch, für wenige Wochen die Wandelhalle im Museum Kurhaus gewidmet. Zu sehen sind der kobaltblaue Pestwurz, zwei etwas kleinere Pestwurz-Varianten in Grüntönen, das rote, zwei mal sechs Meter große Schwarzwasser und die Ikone "Silvia II".

Das Besondere an Kundes Einrichtung: Er kann für den kurzen Zeitraum der Präsentation auf die sonst schützenden Glasscheiben vor den monumentalen Holzschnitten verzichten. "Man kann so tatsächlich die Bilder am schönsten und direktesten betrachten, die Pigmente, die Mineralfarben", sagt Susanne Figner, Kuratorin des Museum Kurhaus Kleve. "Denn die Obsession des Malers gilt weniger dem Motiv, als dem Material: Den Farbpigmenten, dem Papier, der besonderen Leinwand, die er meterweise kauft.

Das zeigt sich auch anhand der Tatsache, dass die genaue Bezeichnung des Papiers in den Informationen zu den Drucken genannt werden sollen. Der Papierschöpfer tritt namentlich auf, und ist damit in seinem Bereich in Status und Rang dem des Künstlers ebenbürtig", sagt Figner. Das gilt vor allem für die beiden in einem Grünton gehaltenen Pestwurz-Bilder links und rechts neben Schwarzwasser. Heizaburo Ivano ist hier namentlich als derjenige aufgeführt, der das Papier geschöpft hat, so Figner. Das Blau wiederum sei für Gertsch eine besondere Farbe, seiner Bewunderung an den Franzosen Yves Klein, geschuldet, erklärt sie.

Den gibts übrigens derzeit ebenfalls, zwei Etagen höher zu sehen: Das kleine Bild und eines seiner berühmten Schwämmchen sind zu sehen.

Das Erlebnis, Gertschs Bilder so direkt erleben zu können, endet allerdings schon in wenigen Wochen: Weil Anfang Mai die Schmitten-Ausstellung eingerichtet wird, werden die großen Formate des Schweizers Ende April abgebaut.

Das Museum Kurhaus hat dienstags bis sonntags jeweils von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

(mgr)
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