Emmerich Verurteilter Sextäter greift Betreuerin an

Emmerich · Seit gestern muss sich ein 43 Jahre alter Emmericher vor dem Landgericht Kleve wegen versuchten Totschlags und sexueller Nötigung verantworten. Der verurteilte Sexualstraftäter hatte seine Betreuerin angegriffen.

 Der Angeklagte betrat gestern in Handschellen den Gerichtssaal in Kleve.

Der Angeklagte betrat gestern in Handschellen den Gerichtssaal in Kleve.

Foto: markus van Offern

73 Tage trennten Thorsten K. von einem Leben als freier Mann. Das ist nichts gemessen an den zehn Jahren, die der 43 Jahre alte Sexualstraftäter zuvor in der forensischen Klinik in Bedburg-Hau verbracht hat. Noch einmal fünf Jahre hatte er als "Dauerurlauber" der Forensik bereits in einer eigenen Wohnung in Emmerich leben dürfen, wo er unauffällig blieb. Was auch immer in dem Mann vorging, dessen Strafe am 16. März 2014 zur Bewährung ausgesetzt worden wäre - es hat das Leben einer jungen Frau für immer verändert.

Thorsten K. fiel am 2. Januar nach einem Betreuungsgespräch in seiner Wohnung über die Mitarbeiterin der Bedburg-Hauer LVR-Klinik her, griff ihr an die Brust, würgte sie, drückte ihr ein Kissen aufs Gesicht, schlug sie mit einer Cola-Flasche (RP berichteten). Die 33-Jährige konnte fliehen.

K. wurde in München geschnappt, seitdem sitzt er erneut in einer Forensik, der Maßregelvollzug ist schließlich nicht aufgehoben worden. Nun steht der Angreifer in Kleve vor Gericht.

Wie gefährlich ist ein Mann, der aus heiterem Himmel eine zierliche Frau angreift, mit der er vorher im Wohnzimmer 45 Minuten dies und das erörtert hat? Betreuerin und Klient waren einander vertraut, mehr als die anderen Frauen, die K. in seinem Leben belästigt hat.

Thorsten K. ist ein großer, kräftiger Mann, rein körperlich schon den meisten Frauen überlegen. Er trägt jetzt Bart und Brille, wirkt emotional unbeteiligt, auch von dem Umstand, dass sein Opfer während der Verlesung der Anklage im Zuschauerraum sitzt. Er schweigt, überlässt es Richter Ulrich Knickrehm, aus den umfangreichen Akten vorzulesen (siehe Infokasten).

1997 belästigt er in der Nähe der Zeche Carl zwei 14 Jahre alte Konzertbesucherinnen, Rosenmontag 1998 begrapscht er in einem Park im Essener Norden eine Frau. Einen Monat später entblößt er sich vor zwei Frauen, wieder einen Monat später belästigt er eine Frau erneut in einem Park, diesmal hat er ein Messer im Ärmel versteckt.

Alle kommen davon. Bei einer Vernehmung wird er später sinngemäß erklären, wer als 14-Jährige nachts noch unterwegs sei, könne ja nicht anständig sein.

1998 schleicht er sich nackt, nur mit Socken bekleidet, in die offen stehende Wohnung einer Nachbarin, die im Keller ist. Er flieht, als die Nachbarin angesichts des nackten Mannes in der Wohnung schreit und weiß, diesmal wird es eine Anzeige geben. Er stellt sich am selben Tag auf einer Wache und wird wieder weggeschickt. Man sei nicht zuständig. Am nächsten Tag holt ihn die Polizei. Verurteilt wird er zu zwei Jahren und zwei Monaten Gefängnis und zur Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie.

Gutachter bescheinigen ihm eine Persönlichkeits- und Sexualstörung mit Aggressionsneigung. Er bleibt zehn Jahre in Bedburg-Hau, darf ab 2008 das Leben in der Wohnung in Emmerich üben. Obwohl nichts vorfällt, beschließt das Essener Landgericht 2013, den Maßregelvollzug nicht aufzuheben. Gutachter bescheinigen Thorsten K. einen guten Weg, aber eben auch weiterhin latente Gefährlichkeit. Doch das Oberlandesgericht Düsseldorf hebt am 16. Dezember 2013 den Essener Beschluss auf, setzt K.'s Strafe ab dem 16. März zur Bewährung aus. Das sogenannte Restrisiko sei kein Grund, den Maßregelvollzug weiter zu vollstrecken, heißt es in der Begründung. Die fünf Jahre Dauerbeurlaubung würden für Thorsten K. sprechen, dem Restrisiko könne auch mit "milderen Maßnahmen" begegnet werden.

Das Opfer wird heute aussagen.

(RP)
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