Emmerich "Wertschätzen, zuhören, nicht bewerten"

Emmerich · Die Soziologin Maren Haukes-Kammann übernimmt in der Emmericher Filiale der Frauenberatungsstelle Impuls.

Die Silvesternacht in Köln... Man braucht das Jahr noch nicht einmal zu nennen und trotzdem weiß jeder, dass es um sexuelle Übergriffe auf Frauen geht.

Gut ein Jahr nach den Vorkommnissen vor dem Hauptbahnhof der Domstadt lässt sich jetzt festhalten: Die Geschehnisse haben auch positive Effekte ausgelöst.

"2016 sind durch die nach Köln folgende öffentliche Debatte mehr Frauen zur Beratung gekommen", hält Maren Haukes-Kammann fest. Das Tabu dieses Themas hat sich etwas gelockert. Die Frauen kämen auffällig früher, nicht erst Jahre später.

Die diplomierte Sozialwissenschaftlerin ist selbst neu in der Frauenberatungsstelle Impuls, die ihren Hauptsitz in Goch hat. Die 40-Jährige wird künftig alle zwei Wochen dienstags von neun bis zwölf Uhr im Haus der Familie in Emmerich für persönliche Beratungen zur Verfügung stehen. Sie übernimmt das Aufgabenfeld von Hildegard Wolff, die 16 Jahre in Emmerich die Ansprechpartnerin war und nun kürzer treten wird, vor allem in Goch.

Haukes-Kammann hat bereits zwölf Jahre lang für die Caritas Familien und junge Frauen unterstützt und beraten. Da häusliche Gewalt auch in diesen Beratungen schon ein Schwerpunkt war, hatte sie schon häufiger Kontakt mit Impuls. Im Sommer startete sie als Beraterin bei Impuls, seit Dezember ist sie für 25 Stunden in der Woche angestellt.

Auch in ihrem neuen Aufgabengebiet spiele Köln eine Rolle. "Das Land ist seit der Silvesternacht sensibilisiert", schildert Wolff. Die Gocher Frauenberatungsstelle hat daher weitere Gelder erhalten, die die Einrichtung einer zusätzlichen halben Stelle ermöglicht haben. Zudem konnten zusätzliche Angebote bereitgestellt werden, zum Beispiel Selbstverteidigungskurse für Frauen.

Welche Themen werden in der Beratung behandelt? Grundsätzlich alles, womit Frauen Probleme haben können - vor allem häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt, Trennungsgedanken oder -planung, Scheidung, Stalking, digitale Gewalt oder Essstörungen kommen häufiger vor. "Alles, was sich damit befasst, wie es mir als Frau geht, ist relevant. Auch Kindererziehung ist schon mal Thema. Da haben wir eine Lotsenfunktion", sagt Haukes-Kammann. Da es bei Therapeuten lange Warteschlangen gebe, kämen Frauen auch mit psychischen Erkrankungen zu Impuls. Haukes-Kammann wird daher in diesem Jahr noch eine traumaspezifische Ausbildung absolvieren. Es gehe in den Gesprächen aber nicht darum, kleinste Details preiszugeben, sondern eher um die Vermittlung von Techniken, die eine Stabilisierung des Alltages ermöglichten, so Haukes-Kammann. Wertschätzen, zuhören, nicht bewerten, seien da die Faustregeln. "Wir glauben den Frauen, sie müssen sich nicht erklären. Wir bereiten sie auf kommende schwere Phasen, auf mögliche Flashbacks vor", ergänzt Wolff.

Zunehmend, hat Wolff festgestellt, besuchten auch Flüchtlinge die Beratung. In Emmerich zudem viele Polinnen. Nicht selten seien Dolmetscher gefragt, was die Beratung nicht erleichtere. Was in Emmerich aber sehr schön sei: "Es gibt den runden Tisch ,häusliche Gewalt' in Emmerich seit 2004, der durch die Gleichstellungsbeauftragte organisiert wird. Dadurch ist man gut vernetzt", lobt Wolff.

Wer etwas für sich tun möchte, kann zudem schon einmal den 1. und 2. Juli vormerken. Dann findet ein Selbstbehauptungskurs für Frauen im Haus der Familie statt, der nur mit geringen Kosten verbunden sein wird.

(mavi)
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