Emmerich "Wir wollen Technologieführer werden"

Emmerich · Dr. Dieter Morlock 100 Tage an der Spitze der Holding Pro homine: Kommunikation statt Konfrontation, Investition in Köpfe und Innovation, Arbeit am Image, an Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit, offen für Kooperation mit Kleve.

Emmerich: "Wir wollen Technologieführer werden"
Foto: Marien-hospital

Die Holding Pro homine ist nicht irgendwas. Mit 2640 Beschäftigten in Kliniken, Pflegeheimen und weiteren Einrichtungen rund um das Thema Gesundheit ist das Unternehmen einer der größten Arbeitgeber der Region. Im Fokus stehen meist das Marien-Hospital Wesel (MHW) und das St. Willibrord-Spital Emmerich. Sensibler Gradmesser für das, was ein Krankenhaus auszeichnet, ist der gute Ruf. An dem zu arbeiten hat sich Dr. Dieter Morlock (53) auf die Fahnen geschrieben. Die Marke der ersten 100 Tage hat der neue Geschäftsführer längst passiert und etliches in Bewegung gebracht.

Personelles Dr. Dieter Morlock bekommt einen richtigen Stellvertreter. Anders als Robert Dahmen, der Morlocks Vorgänger Dr. Johannes Hütte lediglich als Geschäftsführer des MHW vertrat, wird Morlock zum 1. Mai einen zweiten Mann an der Seite haben, der ihn zudem auch an der Spitze der Holding vertritt. Wer es ist, hat der Chef im RP-Gespräch noch nicht verraten. Aber er sagt: "Wir passen gut zusammen. Ich freue mich darauf, weil er mich im operativen Bereich entlasten wird." Morlock, gelernter Mediziner und Ökonom, spricht von einer Ergänzung, will sich von der ärztlichen Seite des Tagesgeschäfts nicht zurückziehen. "Jeden Tag" steht er mit den Chef- und Oberärzten in Kontakt, will die Kommunikation weiter verbessern.

Überhaupt will er Mitarbeiter "mehr mitnehmen und einbinden". Es habe dem Ruf des Hauses geschadet, dass interne strittige Diskussionen nach draußen getragen wurden. Imagepflege Die Qualität eines Krankenhauses wird an Bedeutung gewinnen, weil sie in die Vergütung einfließt. Morlock setzt auf Rückmeldung von Patienten. Er will, dass Beschwerden ernstgenommen werden und erstmal auf seinen Schreibtisch kommen.

Wertschätzung und Gestaltungsspielräume für Mitarbeiter gehören zum Konzept. "Viele könnten leichter ihr Geld verdienen, haben aber meist aus humanistischen Ansätzen ihren Beruf gewählt, möchten eine sinnstiftende Tätigkeit ausüben", sagt Morlock. "Eine Schwester geht in die innere Kündigung, wenn sie sich nicht mehr kümmern kann."

Strategisches "Wir wollen die überregionale Bedeutung ausweiten", sagt Morlock. Und: "Wir wollen der Technologieführer der Region werden." Als wachsende Bereiche mit Potenzial nennt er die Unfallchirurgie, Orthopädie, schonende Endoprothetik und auch die Senologie. So sei man dabei, für das Brustkrebszentrum weitere Spezialisten zu finden. Fördern will der neue Geschäftsführer auch die Intensivmedizin. Zu den Pfunden, mit denen das MHW wuchern könne, zählt Morlock ferner den "Anschluss ans führende Krebszentrum in Europa" in Heidelberg.

Neu auf den Weg gebracht hat Morlock die Entwicklung eines Masterplans. Dabei geht es dann auch um Immobilienfragen. Erwerben, abstoßen, mieten: Alles werde beleuchtet und abgewogen. Flankierend gibt es einen Strategieworkshop für alle Führungskräfte der Holding. "Wir verkaufen kein Tafelsilber, aber wir sortieren uns neu", sagt der Chef. Innovatives Gerade hat Morlock vom Aufsichtsrat das Okay für einen Hybrid-OP bekommen. 4,5 Millionen Euro kostet dieser Operationssaal, mit dem jetzt begonnen wird, und der im Januar 2018 in Betrieb gehen soll. Der Clou ist die Durchleuchtungstechnik. Eine Kopplung verschiedener Geräte ermöglicht mit geringer Strahlung dreidimensionale Bilder aus dem Körper des Patienten. Zum Beispiel für schonende Gefäßchirurgie.

Ebenfalls neu für die Intensivmedizin, die im aktuellen Bauprojekt Nordflügel "einzigartig in Größe und Ausstattung" werden soll, kommt ein an der Berliner Charité entwickeltes Lichtsystem. Es ist dem normalen Tagesrhythmus angepasst, soll verhindern, dass operierte ältere Patienten ins Delirium fallen, und es soll die Mortalität senken. Licht wird mit unterschiedlichen Wellenlängen abgestrahlt, geschwungene Wände und die Simulation ziehender Wolken vervollständigen das Konzept.

Kooperatives Vor gut einem Jahr teilten die Katholische Karl-Leisner-Trägergesellschaft mbH (Kleve) und die Pro homine gGmbH in einer gemeinsamen Erklärung mit, sie hätten ihre "Gespräche zur Intensivierung einer Zusammenarbeit ausgesetzt". Mittlerweile werden sie wieder fortgesetzt. "Von unserer Seite ist die Tür nicht geschlossen", sagte Dr. Dieter Morlock bevor er sich jetzt mit seinem Klever Kollegen Bernd Ebbers traf.

Vorteile einer Zusammenarbeit sieht Morlock besonders für den Raum Emmerich, wo Ende Juni die Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe im Willibrord-Spital geschlossen wird. Es sei eine unpopuläre Entscheidung gewesen, sagt Morlock, aber mit weniger als 500 Geburten im Jahr eine wirtschaftlich nicht mehr darstellbare Einheit mit geringem Standard.

Mit Rainer Rabsahl, Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses Wesel (EVK), hat Morlock bereits einige Gespräche geführt. Bekanntlich gibt es gemeinsame Projekte. Zum Beispiel bei der Ausbildung (Krankenpflegeschule). Felder sinnvoller Abgrenzung gibt es auch: Ein Patient mit Schlaganfall wird in aller Regel automatisch ins neurologisch spezialisierte EVK gebracht, einer mit Herzinfarkt ins MHW.

(RP)
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